Wahlprogramme

2021 - Die Grünen

Klima+Wirtschaft - 226 Ergebnisse

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Wir schaffen klimagerechten Wohlstand 14

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Kapitel 2: In die Zukunft wirtschaften 57

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Wir vollenden die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion 87

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Wir streiten für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung 244

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Wir, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN, legen mit diesem Programm unser inhaltliches Angebot an Sie vor. Wir tun dies in einer Zeit des globalen Ausnahmezustands. Die Pandemie hat uns alle bis ins Mark getroffen. Sie hat im Guten gezeigt, zu welcher Gemeinsamkeit, Innovations- kraft und Widerstandsfähigkeit wir Menschen erreichen können. Sie hat aber auch die Schwachstellen unserer Gesellschaft schonungslos offengelegt, und das in einer ohnehin verwundbaren Welt. Die globa- len Krisen dieser Zeit – zuallererst die Klimakrise als wahre Mensch- heitskrise – wirken in unser aller Leben hinein und gefährden Freiheit, Sicherheit und Wohlstand.

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Wir können aus Fehlern lernen. Wir haben erlebt, wie fragil der Status quo ist, wie zerbrechlich eine rein auf Profit ausgerichtete Wirtschaft, aber auch, welche Bedeutung Grundrechte haben und wie stark unsere Gesellschaft ist. Wir haben erfahren, wie begrenzt natio- nale Antworten auf globale Fragen sind, gesehen, wie viel Unsicher- heit entsteht, wenn man nur auf Sicht fährt, und wie notwendig eine

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Als Gesellschaft haben wir den Schlüssel für so vieles schon in der Hand. Wir wissen, wie man eine Industriegesellschaft sicher ins Zeitalter der Klimaneutralität führt. Wie man dafür den Kohleausstieg beschleunigt und Versorgungssicherheit gewährleistet, wie viel mehr Strom aus Wind und Sonne gewonnen werden kann und der Natur- schutz gestärkt wird. Wir wissen, wie man eine sozial-ökologische Marktwirtschaft entwickelt, die zukunftsfähige Jobs, sozialen Schutz und fairen Wettbewerb in Deutschland und Europa zusammenbringt, wie man der Globalisierung klare Regeln setzt und multinationale Konzerne angemessen besteuert. Wir wissen, wie wir in eine starke Gesundheitsversorgung und eine moderne Infrastruktur, in gute Schu- len und öffentliche Räume, in einen gut funktionierenden und bür- ger*innennahen Staat investieren können. Es ist möglich, Ungleich- heit zu verringern, gleichwertige Lebensverhältnisse auf dem Dorf, in der Kleinstadt und in der Metropole herzustellen und Kinder ins Zentrum zu rücken. Wir können eine volle Gleichberechtigung der Geschlechter erreichen und eine vielfältige Einwanderungsgesell- schaft gestalten. Wir sind in der Lage und fest entschlossen, Europa als Wertegemeinschaft demokratisch zu stärken und im globalen Sys- temwettbewerb gerechter und handlungsfähiger zu machen. Das lässt sich mit internationaler Solidarität meistern und wenn wir unsere Art, zu leben und zu wirtschaften, so gestalten, dass wir Krisen an anderen Orten der Welt nicht verschärfen. Aber Worte allein reichen nicht, wir müssen es auch tun. Jetzt ist die Zeit fürs Machen.

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Reaktive Politik hat die letzten Jahre über versucht das Schlimmste zu verhindern. Aber es geht darum, das Beste zu ermöglichen. In kur- zer Zeit eine klimaneutrale Gesellschaft zu werden, ist eine epochale Aufgabe mit inspirierender Kraft. Wir wollen einen Aufschwung schaf- fen, der über das rein Ökonomische hinausgeht. Einen Aufschwung, der das ganze gesellschaftliche Leben in seiner Stärke und Vielfalt erfasst: Bildung und Kultur, Arbeit und Digitalisierung, Wissenschaft und Innovation.

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Wir werden manch gute Tradition auf neue Weise zum Tragen bringen, manch Neues begründen, manch Gewohntes ablösen, aber wir schaffen Sicherheit im Übergang. Nach einer Ära der politischen Kurzfristigkeit bringen wir den langen Atem, den klaren Kompass und die Durchsetzungsfähigkeit mit, um unser Land – im Herzen Europas, der Welt zugewandt – in eine bessere Zukunft zu führen. Ja, zu führen. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik kämpfen wir, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, um die politische Führung in diesem Land, inhaltlich und personell. Wir stehen auf einem festen Werte- fundament und sind tief verwurzelt in der Gesellschaft. Wir haben ein klares Ziel für dieses Jahrzehnt vor Augen: klimagerechten Wohl- stand. Wir sind gewachsen und gestärkt durchs Regieren in Kommu- nen, Ländern und im Bund. Mit Erfahrung und Kompetenz, mit Herz und Weitblick, mit Zuversicht und Leidenschaft, offen und lernfähig, so gehen wir in dieses Jahrzehnt. Das ist unser Angebot und so wer- ben wir um Mehrheiten für die kommenden vier Jahre. Wir laden Sie ein, mit uns diesen Weg zu gehen.

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Die Klimakrise ist die Existenzfrage unserer Zeit. Daher ist Klima- schutz keine Zukunftsaufgabe, sondern Klimaschutz ist jetzt. Wenn wir zu Beginn dieses Jahrzehnts konsequent handeln und die sozial-öko- logische Transformation einläuten, können wir die Klimakatastrophe noch verhindern und zu einer klimagerechten Welt beitragen. Klima- neutralität ist dabei eine große Chance für höhere Lebensqualität, mehr soziale Gerechtigkeit und einen klimagerechten Wohlstand. Sie gilt es zu ergreifen.

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Wir haben in den vergangenen Jahren mit Hitzesommern, Wald- sterben, Überschwemmungen und Dürren die Klimakrise bereits zu spüren bekommen. Sie hat dramatische Konsequenzen bei uns und auf der ganzen Welt: etwa für die Gesundheit der Menschen – und es sind vor allem die mit den geringsten Einkommen und insbesondere die Menschen im globalen Süden, die den Preis dafür zahlen, dass der ökologische Fußabdruck der Reichsten am größten ist. Oder für die Bäuer*innen, denen zunehmend die Grundlage entzogen wird. Und für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Alle diese Folgen werden sich vervielfachen, wenn wir jetzt nicht umsteuern. Je entschiedener wir handeln, desto mehr Freiheiten und Alternativen sichern wir für jetzige und künftige Generationen. Wir werden deshalb konsequent den Weg zur Klimaneutralität gehen.

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Das verlangt Können, Mut und Machen. Wir stellen in einer künftigen Regierung das Pariser Klimaabkommen in den Mittelpunkt und richten das Handeln aller Ministerien danach aus. Wir lenken all unsere Kraft darauf, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die uns auf den 1,5-Grad- Pfad führen. Klimagerechtigkeit ist eine Frage des politischen Kanons. Wir begreifen es als unsere Aufgabe, bessere Regeln zu schaffen, nicht den besseren Menschen. Solch klare politische Ordnungsrahmen ent- lasten auch uns als Menschen im Alltag und schaffen Freiheit.

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Natürlich bedeutet Klimaneutralität Veränderung, aber diese Ver- änderung schafft Halt in der Zukunft. Denn sie bewahrt uns davor,

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Kipppunkte zu überschreiten, und ermöglicht ein klimagerechtes, ein besseres Leben. Wir bringen deshalb Strom, Wärme, Verkehr und Industrie zusammen, beenden Energieverschwendung und sorgen so für eine effiziente Verzahnung dieser Bereiche. Statt auf Kohle, Öl und fossilem Gas wird das Energiesystem auf Sonnen- und Windenergie basieren. Statt an fossilen Verbrennungsmotoren festzuhalten, schaf- fen wir eine neue Mobilität mit der Bahn, dem Rad, zu Fuß oder mit emissionsfreien Autos. Statt Öl und Erdgas wärmt uns künftig die Kraft der Erneuerbaren. Die Zukunft wird damit leiser, sauberer, gesünder, günstiger und sozial gerechter. Weniger Autos in der Stadt bedeuten mehr Platz für uns Menschen. Leisere Straßen und saubere Luft die- nen besonders jenen, die sich nicht die Villa am ruhigen Stadtrand leisten können. Mehr Angebote an klima- und umweltfreundlichen Verkehrsmitteln, zum Beispiel Rufbussen oder Carsharing, erleichtern zu pendeln und befördern ein gutes Leben auf dem Land.

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Mit dieser großen Veränderung entstehen neue Geschäftsfelder, neue Industriezweige, neue Arbeitsplätze. Andere Bereiche werden sich wandeln, einige werden verschwinden. Für viele Menschen ist das auch eine große Herausforderung, ja Zumutung. Die sozial-ökologi- sche Transformation gelingt nur, wenn wir gemeinsam alles dafür tun, Verluste zu verringern und Brücken zu bauen. So müssen diejenigen, die neue Chancen oder Weiterbildung brauchen, sie auch bekommen. Und es ist unsere Aufgabe, Sorge dafür zu tragen, dass die Kosten und Belastungen dieser Veränderung gerecht verteilt sind. Klimagerechter Wohlstand bedeutet Ökologie und Soziales zusammenzudenken und den Übergang gut zu gestalten: für Menschen in der Stadt und auf dem Land. Für die Handwerkerin wie für den Stahlarbeiter.

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Der Verlust an intakter Natur und Umwelt ist ebenso dramatisch wie die Klimakrise und eine der größten Bedrohungen für ein gutes und gesundes Leben. Wenn wir unsere Lebensgrundlagen schützen wollen, wenn wir auch die zweite große ökologische Krise, das Arten- sterben, eindämmen wollen, dann bedarf es mehr als einer Kurskor- rektur, dann brauchen wir einen neuen Kurs. Wir machen die plane- taren Grenzen zum Leitprinzip unserer Politik und tragen so auch zu mehr Umweltgerechtigkeit bei. Entsprechend verändern wir die Wirtschaftsweise, denn auf einem endlichen Planeten kann es kein unendliches Wachstum geben. Wir setzen Prioritäten. Von jetzt an wird belohnt und gefördert, was Mensch und Tier, Klima und Natur

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schützt. Und was zerstörerisch wirkt, muss dafür auch die Kosten tra- gen und so schnell wie möglich überwunden werden. Indem wir den Schutz der Meere und Gewässer, des Klimas und der Böden, der Tiere und der Pflanzen zum Bestandteil unseres Wirtschafts- und Rechts- systems machen, kann es gelingen, die Stabilität der Ökosysteme und unserer Lebensgrundlagen zu gewährleisten. Und damit auch unsere Grundlagen für ein gutes und friedliches Zusammenleben.

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Wir schaffen klimagerechten Wohlstand Mehr Lebensqualität durch Klimaneutralität

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Der Weg in die Klimaneutralität bietet riesige Chancen auf mehr Lebens- qualität: Städte mit weniger Staus und Abgasen, mit Platz, um sicher Rad zu fahren und zu Fuß zu gehen, zu spielen und zu leben. Dörfer, die endlich angebunden sind an den öffentlichen Nahverkehr. Wälder, in denen auch unsere Kinder noch die Schönheit der Natur entdecken können. Gesundes Essen, hergestellt unter Wahrung von Tierrechten und Umweltschutz. Klimaschutz ist so viel mehr als reine Technik, er ist die Voraussetzung für ein gesundes Leben auf einer gesunden Erde.

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Die Energierevolution: erneuerbar heizen, wohnen, wirtschaften

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Klimaneutralität heißt: raus aus den fossilen Energien. Nicht nur der Strom, auch das Benzin in unseren Autos, das Kerosin im Flugzeug- tank, das Schweröl im Schiff, das Öl für die Heizung und das Gas im Industriebetrieb müssen auf erneuerbare Energien umgestellt wer- den. Das ist nichts weniger als eine Energierevolution. Dazu braucht es zuallererst eine massive Ausbauoffensive für die Erneuerbaren, die so schnell wie möglich umgesetzt wird. Daran hängen die Zukunft unseres Industriestandortes und unsere Versorgungssicherheit. Der Ausbaupfad wird durch die Kraft und Kapazität von Industrie und Handwerker*innen beschränkt, darf aber nicht von den politischen Rahmenbedingungen begrenzt werden. Daher beseitigen wir in einem kontinuierlichen Prozess bestehende Ausbauhemmnisse – naturver- träglich und zugunsten der Bürger*innen. Unser Ziel ist ab sofort ein jährlicher Zubau von mindestens 5 bis 6 Gigawatt (GW) Wind an Land,

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Auch in einer Welt der Erneuerbaren ist Energie ein wertvolles Gut, mit dem wir sparsam und effizient umgehen müssen. Das gilt umso mehr, solange wir noch Kohle, Öl und fossiles Gas verbrennen. Unser Ziel sind Gebäude, die gut gedämmt sind, verbrauchsarme Autos, auch wenn sie elektrisch betrieben werden, effiziente Gewerbe- und Indus- trieprozesse sowie Weitergabe und Nutzung von Abwärme. Dafür machen wir klare ordnungsrechtliche Vorgaben. Strompreisvergünsti- gungen für Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, sollen an die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen geknüpft werden. Denn je weniger Energie benötigt wird, desto schneller schaf- fen wir 100 Prozent Erneuerbare, erreichen die Klimaziele und sparen Kosten für Energieinfrastruktur. Klimaschutz lohnt sich.

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Ein Ordnungsrahmen für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft

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Wir müssen unsere Wirtschaft auf Klimaneutralität und die plane- taren Grenzen ausrichten und eine Kreislaufwirtschaft etablieren.

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Den wirtschaftlichen Aufbruch nach der Corona-Krise und die öko- logische Modernisierung wollen wir zusammenbringen. Dazu braucht es eine sozial- ökologische Neubegründung unserer Marktwirtschaft. Wir wollen mit ehrgeizigen Vorgaben in Form von Grenzwerten, CO2- Reduktionszielen und Produktstandards der deutschen und europäi- schen Wirtschaft Planungssicherheit geben und Impulse für neue Investitionen setzen. Faire Preise sorgen dafür, dass sich klimagerech- tes Handeln lohnt. Forschung und Innovationen für klimagerechtes Wirtschaften wollen wir stärker fördern. Die öffentliche Beschaffung richten wir konsequent auf die ressourcenschonendsten und sozial verträglichsten Produkte und Dienstleistungen aus. So machen wir unsere Wirtschaft zur Spitzenreiterin bei den modernsten Technolo- gien und schützen unsere natürlichen Lebensgrundlagen.

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Eine ambitionierte Klimaschutzpolitik und der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft sind die beste Chance, bestehende Arbeitsplätze in Deutschland und anderen Ländern zu erhalten und neue zu schaf- fen. Die sozial-ökologische Modernisierung stärkt die Wettbewerbs- fähigkeit der hiesigen Unternehmen und kann zu einer Renaissance von Industriearbeitsplätzen führen. Auf dem Weg zur Klimaneutrali- tät werden in den kommenden Jahren hunderttausende neue Jobs entstehen – Green Jobs. Sie entstehen im Handwerk und in der Bau- wirtschaft, in neuen Industriebereichen und der Kreislaufwirtschaft, in der Batteriezellenproduktion und der Wasserstoffindustrie sowie in neuen Dienstleistungsfeldern. Wir wollen, dass die neuen Jobs nach Möglichkeit einem Tarifvertrag oder mindestens gleichwertigen Bedingungen unterliegen. Darauf werden wir auch bei der Förderung von neuen Wirtschaftsfeldern achten.

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Wir sehen es als unsere Verpflichtung, Unternehmen und ihre Beschäf- tigten auf dem Weg hin zu einem klimaneutralen Wirtschaftssystem zu unterstützen. Gerade auch dort, wo sich Jobprofile grundlegend verändern oder Arbeitsplätze verloren gehen. Es braucht in der ökolo- gischen Transformation ein noch viel besseres Angebot an Weiterbil- dung und Qualifizierung. Dazu wollen wir ein Recht auf Weiterbildung einführen und mit einem Weiterbildungsgeld auch für Erwerbstätige in Qualifizierungsphasen eine soziale Absicherung schaffen. Mit einem neuen Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld ermöglichen wir Unterneh- men, in Phasen der Transformation ihre Beschäftigten im Betrieb zu halten und nachhaltig zu qualifizieren. Die Qualifizierungs-Kurz- arbeit koppeln wir eng an die Sozialpartnerschaft. Zudem wollen wir die betriebliche Mitbestimmung bei Entscheidungen über die öko- logische Transformation stärken. Unternehmen, Gewerkschaften und Betriebsräte wissen gemeinsam am besten, wie die Transformation zu gestalten ist.

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Die ökologische Modernisierung ist gerade für viele industriell geprägte Regionen eine große Herausforderung. Um Regionen und insbesondere die dort ansässigen kleinen und mittleren Unterneh- men zu unterstützen, wollen wir regionale Transformationsfonds auf- legen. Die Förderung richtet sich an Unternehmen, die aus eigener Kraft den ökologischen Strukturwandel nicht bewältigen können, mit ihrem Standort aber fest in der Region verankert sind und dort blei- ben wollen. Regionale Akteur*innen aus Wissenschaft, Politik, Wirt- schaft und Gewerkschaften sollen eingebunden werden und gemein- same Visionen erarbeiten, wo die Region sozial und wirtschaftlich in Zukunft stehen sollte. Gleichzeitig wollen wir neue Formate wie Real- labore und Experimentierräume fördern, in denen Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und Kommunen gemeinsam an Lösungen für Herausforderungen vor Ort arbeiten und forschen.

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Klimaschutz-Sofortprogramm auflegen

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Zentrale Grundlagen unserer Politik sind das Klimaabkommen von Paris sowie der Bericht des Weltklimarates zum 1,5-Grad-Limit, der verdeutlicht, dass jedes Zehntelgrad zählt, um das Überschreiten von relevanten Kipppunkten im Klimasystem zu verhindern. Es ist daher notwendig, auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen. Dafür ist unmittelba- res und substanzielles Handeln in den nächsten Jahren entscheidend. Doch aktuell lahmt der Ausbau der erneuerbaren Energien, der Koh- leausstieg kommt zu spät, im Verkehrs- und Gebäudesektor geht es kaum voran. Gemäß der Klimaentscheidung des Bundesverfassungs- gerichts, die auch auf den Sachverständigenrat für Umweltfragen ver- weist, müssen wir unsere Klimapolitik am Budgetansatz orientieren. Der Weltklimarat beziffert das globale CO2-Budget ab dem Jahr 2018 für das 1,5-Grad-Ziel mit einer 67-prozentigen Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung auf 420 Gigatonnen CO2. Der Sachverständigenrat hat daraus ein verbleibendes nationales Kohlenstoffbudget von 6,6 Gigatonnen CO2 ab 2020 abgeleitet. Bei fortdauernden Emissionen auf heutigem Niveau wäre das deutsche CO2-Budget in weniger als neun Jahren verbraucht, bei einer linearen Reduktion rund um 2035. Ein längerer Zeitverlauf zur Treibhausgasneutralität erfordert über-

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proportionale Reduktionserfolge in den nächsten Jahren. Deswegen werden wir ein Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Weg bringen, das in allen Sektoren sofort wirksame Maßnahmen anstößt, beste- hende Ausbauhindernisse beseitigt, naheliegende Einsparmöglichkei- ten umsetzt und auch die Klima-und Entwicklungspartnerschaften im Sinne des globalen Budgetansatzes stärkt. Wir werden das noch immer ungenügende Klimaschutzgesetz generationen- und budget- gerecht nachschärfen, jahres- und sektorenscharf ausbuchstabieren, die Rolle des Expertenrates für Klimafragen stärken und das deutsche Klimaziel 2030 auf mindestens minus 70 Prozent anheben. Unser Ziel ist es, 100 Prozent erneuerbare Energien bis 2035 zu erreichen. So kann Deutschland in 20 Jahren klimaneutral werden.

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Klimagerechtes Wirtschaften belohnen

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Effektiver und sozial gerechter Klimaschutz muss sich auch ökono- misch lohnen. Derzeit sind die Kosten der Schäden, die durch den Ausstoß einer Tonne CO2 entstehen, nur sehr gering eingepreist. Nach aktuellen Berechnungen des Umweltbundesamtes verursacht die Emission einer Tonne CO2 Schäden von rund 195 Euro. Unser Ziel ist eine Wirtschaft, in der die nachhaltigsten Produkte auch die güns- tigsten sind. Das wollen wir durch einen klugen Mix aus CO2-Prei- sen, Anreizen und Förderung sowie Ordnungsrecht und Abbau von umweltschädlichen Subventionen ändern. Wollte man die Klimaziele allein über die Bepreisung von CO2 erreichen, würde das unweiger- lich zu erheblichen sozialen Unwuchten führen. Einige könnten sich rauskaufen, andere nicht mehr teilhaben. Wir sehen in der CO2-Beprei- sung also ein Instrument von vielen – und werden es wirksam und sozial gerecht einsetzen. Das EU-Emissionshandelssystem (ETS) ist im Lichte des neuen EU-Klimaziels für 2030 zu reformieren, um seine Lenkungswirkung endlich voll und ganz zu erfüllen. Mit einer deut- lichen Reduktion von Emissionszertifikaten und der Löschung über- schüssiger Zertifikate vom Markt erreichen wir einen CO2-Preis im Bereich Strom, Industrie und europäischem Luftverkehr, der dafür sorgt, dass erneuerbare Energien statt Kohle und Kerosin zum Einsatz kommen, die Industrie Planungssicherheit bekommt und einen Anreiz hat, in Dekarbonisierung und Technologieführerschaft zu investieren. Für die Bereiche Verkehr und Wärme wurde in Deutschland auf Druck

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der Klimabewegung und von uns Grünen zudem ein CO2-Preis einge- führt, dessen Lenkungswirkung aber weiter sozial gerecht verbessert werden muss. Wir wollen die Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro auf das Jahr 2023 vorziehen. Danach soll der CO2-Preis so ansteigen, dass er im Konzert mit den Fördermaßnahmen und ordnungsrecht- lichen Vorgaben die Erreichung des neuen Klimaziels 2030 absichert. Die Einnahmen aus dem nationalen CO2- Preis geben wir als Energie- geld pro Kopf an die Menschen zurück.

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Damit Klimaschutz sozial gerecht ist, wollen wir die Einnahmen aus dem nationalen CO2-Preis direkt an die Bürger*innen zurückgeben. Dazu streben wir neben der Senkung der EEG-Umlage ein Energie- geld an, das jede*r Bürger*in erhält. Über das Energiegeld geben wir alle zusätzlichen Einnahmen transparent an die Menschen zurück und entlasten sie direkt, indem sie eine Rückerstattung pro Kopf bekom- men. So wird klimafreundliches Verhalten belohnt und es findet ein sozialer Ausgleich im System statt. Unterm Strich werden so Gering- verdiener*innen und Familien entlastet und vor allem Menschen mit hohen Einkommen belastet. Bezieher*innen von Transferleistungen wie Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe profitieren ebenfalls, da das Energiegeld nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden soll. Um zum Beispiel Pendler*innen mit niedrigen Einkommen bei der Anpassung zu unterstützen, legen wir einen Klimabonus-Fonds auf, der mit großzügigen Hilfen unterstützt, etwa beim Umstieg auf Bus und Bahn oder ein emissionsfreies Fahrzeug.

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Wir wollen Klimaschutz systematisch in unsere Rechtsordnung auf- nehmen. Die Vorgaben des Pariser Klimavertrages sowie den Atom- ausstieg wollen wir im Grundgesetz verankern und Ökologie als wei- teres Grundprinzip staatlichen Handelns stärken. Dem Staat geben wir mehr Möglichkeiten, durch eine intelligente Steuergesetzgebung ressourcenschonendes Verhalten zu belohnen und die Erzeugung von CO2 mit einem Preis zu versehen. Für Genehmigungsprozesse füh- ren wir eine Klimaverträglichkeitsprüfung ein. Mit einer CO2-Bremse

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machen wir Klimaschutz zur Querschnittsaufgabe, indem wir Gesetze auf ihre Klimawirkung hin prüfen, die Vereinbarkeit mit den nationa- len Klimaschutzzielen und dem CO2- Budget sicherstellen und den möglichen Einsatz von klimafreundlichen Alternativen gewährleisten.

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Nach dem Willen der Großen Koalition werden in Deutschland Kohle- kraftwerke noch bis 2038 dem Klima und unserer Gesundheit scha- den. Das ist mit den Klimazielen von Paris und dem 1,5- Grad-Pfad nicht vereinbar. Wir setzen uns dafür ein, den Kohleausstieg bis 2030 zu vollenden. In diesem Sinne werden wir alle Möglichkeiten – auch auf EU-Ebene – nutzen. Um nicht erneut den Kohlekonzernen Mil- liarden an Steuergeldern zu schenken, werden wir die massiven Kli- maschäden der Kohleverstromung einpreisen. Das gelingt am bes- ten über den EU- Emissionshandel – mit einem lenkenden CO2-Preis. Sollte dieser auf europäischer Ebene nicht schnell genug erreicht sein, setzen wir auf einen nationalen CO2-Mindestpreis im ETS für Industrie und Strom von 60 Euro pro Tonne CO2. Ein beschleunigter Kohleausstieg bedarf im Sinne der Versorgungssicherheit eines mas- siven Ausbaus der erneuerbaren Energien und einer Ausrichtung des Energiemarktdesigns auf Sonne und Wind. Zugleich wollen wir für den Gesundheitsschutz die Grenzwerte für den Ausstoß von Schadstoffen, insbesondere Quecksilber, aus Großfeuerungsanlagen anschärfen. Niemand soll mehr für einen Tagebau sein Zuhause verlassen müssen. Den durch den Braunkohletagebau Garzweiler von Enteignung und Vertreibung bedrohten Menschen muss das Land Nordrhein-Westfa- len endlich Planungs- und Rechtssicherheit für Erhalt und Zukunft ihrer Dörfer geben. Dies wollen wir im Bund mit den richtigen Rah- menbedingungen unterstützen. Das Bergrecht werden wir grundle- gend überarbeiten und Betroffenenrechte, Umwelt- und Naturschutz stärken. Naturholz ist als Rohstoff vielfältig einsetzbar und zu wert- voll, um es in Großkraftwerken zu verbrennen.

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Wir wollen eine Energiewende, bei der alle mitmachen können – Mie- ter*innen wie Hausbesitzer*innen. Unsere Dächer, Fassaden und Bal- kons können zu Kraftwerken werden – jede Fläche mit Solaranlage hilft dem Klimaschutz. Die eigene Strom- und Wärmeenergie wird dezentral und vor Ort erzeugt und genutzt. Unser Ziel sind 1,5 Millio- nen neue Solardächer in den kommenden vier Jahren. Deshalb wer- den wir Solardächer fördern und zum Standard machen. Beginnend mit Neubauten, öffentlichen und Gewerbegebäuden sowie Dachsa- nierungen wollen wir diesen neuen Standard perspektivisch auf den Bestand ausweiten. Leasing-, Pacht- und Contractingmodelle können hier unterstützend wirken. Für besonders erhaltenswerte Bausubs- tanz werden wir Lösungsansätze erarbeiten. Die Mieterstrom-Regeln werden wir deutlich vereinfachen und Mieterstromprojekte fördern. Bürokratische Hürden für die Nutzung des Stroms vom eigenen Dach wollen wir abbauen, Eigenverbrauch und Direktvermarktung stärken.

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Die Photovoltaik wollen wir nicht nur auf die Dächer, sondern auch in die Fläche bringen, indem wir die politischen und rechtlichen Rah- menbedingungen verbessern und den Bau erleichtern. Der Ausbau soll vorzugsweise auf versiegelten Flächen, etwa über Parkplätzen, neben Autobahnen und Schienen und auf Konversions- oder Berg- baufolgeflächen, erfolgen und nicht auf wertvollem Ackerland. Neue Flächenkonkurrenzen wollen wir vermeiden und stellen den Mehr- fachnutzen für Energieerzeugung, Biodiversität und Landwirtschaft in den Vordergrund. Agri-Photovoltaikanlagen, d. h. Stromproduktion und landwirtschaftliche bzw. gartenbauliche Nutzung auf einer Flä- che, können einen wichtigen Beitrag für Klimaschutz und Ökologie leisten. Wenn man es richtig anstellt, können Freiflächenanlagen zu Lebensräumen werden. Landwirtschaftsbetriebe sollen für ökologi- sche Leistungen Geld erhalten und so zusätzliche Erträge erzielen. Wichtig ist zudem die Möglichkeit, direkte langfristige Stromlieferver- träge abschließen zu können. Bei der Planung gilt es die Bürger*innen frühzeitig einzubeziehen und zu beteiligen, von den Erlösen müssen die Kommunen profitieren.

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Mit Windenergieausbau den Wirtschaftsstandort Deutschland sichern

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Unsere Energieinfrastruktur klimaneutral machen

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Klimaneutralität in weniger als 30 Jahren heißt, dass die eine fos- sile Infrastruktur nicht einfach durch eine andere fossile Infrastruktur ersetzt werden darf. Wir leiten daher den Einstieg in den Ausstieg aus den Fossilen ein: Die Planung unserer Infrastruktur für Strom, Wärme und Wasserstoff braucht ein Update und muss Klimaneutralität in den Mittelpunkt stellen. Neue Gaskraftwerke oder Infrastrukturen, die wir für den Kohleausstieg brauchen, darf es deshalb überhaupt nur geben, wenn sie aktuell zwingend notwendig sind und bereits Wasserstoff- ready geplant und gebaut werden. Wir werden die rechtlichen Grund- lagen dafür schaffen, dass neue Betriebsgenehmigungen zeitlich befristet erteilt werden und den Wechsel von Erdgas zu erneuerbaren Energieträgern enthalten. Denn auch Erdgas ist ein klimaschädlicher Brennstoff, sein Gebrauch muss immer weiter abnehmen. Die extrem klimaschädlichen Emissionen, die bei Erdgasförderung und -transport entstehen, wollen wir schnellstmöglich reduzieren. Neue Hafenter- minals zur Anlandung von Flüssigerdgas sollen nicht mehr geneh- migt werden. Neue Erdgas-Pipelines wie Nord Stream 2, die nicht auf grünen Wasserstoff ausgerichtet sind, zementieren auf Jahrzehnte Abhängigkeiten von klimaschädlichen Ressourcen, konterkarieren die Energiewende und sollten gestoppt werden.

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Wasserstoff aus erneuerbaren Energien, sogenannter grüner Wasser- stoff, ist zentral für die Versorgungssicherheit in einer klimaneutralen Welt. Denn Wasserstoff ist gut speicherbar und, wenn er mit Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, auch klimafreundlich. Deutschland ist bei den Technologien zur Erzeugung von Wasserstoff weit vorne. Diese Führungsrolle wollen wir weiter ausbauen und die

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entsprechende Infrastruktur dafür schaffen. Mit Marktanreizen und einem umfassenden Förderprogramm werden wir die Kapazitäten zur Wasserstoffherstellung in Deutschland schaffen. Auch wenn grüner Wasserstoff prioritär bei uns produziert werden sollte, werden wir zur Bedarfsdeckung Wasserstoff importieren müssen. Die Infrastruktur für Wasserstoffimporte müssen wir jetzt etablieren. Für die Importe wer- den wir faire Kooperationen mit wind- und sonnenreichen Ländern anstoßen und ausbauen und die Exportländer bei der Energiewende unterstützen. Für den Erfolg dieser Kooperationen ist es unabding- bar, die lokale Bevölkerung einzubeziehen, Menschenrechte zu schüt- zen, sich an den nachhaltigen Entwicklungszielen zu orientieren und dafür auch verbindliche Standards einzuführen. Damit Wasserstoff zur Klimaneutralität beiträgt, muss er aus erneuerbaren Energien herge- stellt werden. Das gilt auch für Wasserstoffimporte. Unser Ziel ist, dass erneuerbare Energien effizient und wirtschaftlich genutzt und Elek- trolyseure systemdienlich eingesetzt werden. Wasserstoff oder syn- thetische Kraftstoffe dürfen nicht Teil einer Verzögerungstaktik sein, sondern sollen aktiv zu Klimaneutralität beitragen. Die direkte Nut- zung von Strom über Batterien oder Wärmepumpen ist in der Regel viel effizienter. Es gilt daher, Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe gerade dort zum Einsatz zu bringen, wo sie wirklich gebraucht wer- den: etwa in der Industrie, in der Schifffahrt oder beim Flugverkehr.

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Die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vor über 20 Jahren war der Startschuss für die Energiewende in Deutschland, inzwischen sind Sonne und Wind zu den günstigsten Energiequel- len geworden. Doch jetzt, bei einem Erneuerbaren-Anteil von fast 50 Prozent im Strombereich, brauchen wir ein Marktdesign, das die Rahmenbedingungen für ein klimaneutrales Energiesystem richtig setzt: Es sichert den schnellen und günstigen Ausbau der Erneuer- baren, den wirtschaftlichen Betrieb von Speichern, flexiblen Erzeu- gern und Verbrauchern sowie einen ausreichenden Netzausbau. Dafür treiben wir eine grundlegende Reform des Energierechts voran. Die Sektorenkopplung unterstützen wir, indem die systemdienliche Nut- zung von erneuerbarem Strom gestärkt wird und regionale Unter- schiede berücksichtigt werden. Erste Wind- und große Solaranlagen

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Klima-Sanierungsoffensive bei Gebäuden

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Es ist höchste Zeit, dass alle Neubauten und Bauwerke inklusive der Baustoffe im gesamten Lebenszyklus klimaneutral geplant werden und entsprechend umfassende energetische Sanierungen erfolgen.

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Dreh- und Angelpunkt ist die Festlegung hoher Bau- und Sanierungs- standards: bei Neubauten KfW 40, was in etwa dem Passivhausstan- dard entspricht, im Gebäudebestand nach Sanierung KfW 55 – mit Ausnahmen für denkmalgeschützte Gebäude. Die KfW-Förderpro- gramme werden wir weiterentwickeln, auch in Bezug auf die Ver- wendung nachhaltiger Baustoffe. Für die Aussöhnung von Baukultur und energetischer Sanierung wollen wir klare Regelungen schaffen, die beiden Zielen angemessen sind. Die Sanierungsquote muss sehr schnell verdoppelt und weiter gesteigert werden. Der Einsatz von serieller Sanierung kann hier ein Weg sein. Die öffentliche Hand muss mit ihren Gebäuden als Vorbild vorangehen. Für den Bestand muss gelten: Bei jedem Eigentümerwechsel muss ein Sanierungsfahrplan vorgelegt werden. Bei der Umsetzung des Sanierungsfahrplans kön- nen Förderprogramme unterstützend wirken. Wenn im Gebäudebe- stand ein Heizungsaustausch ansteht oder umfassend saniert wird, aber auch im Neubau, sollen, wo möglich, ausschließlich erneuerbare Wärmequellen zum Einsatz kommen. Wir legen dazu ein Investitions- programm für zwei Millionen hocheffiziente Wärmepumpen bis 2025 auf. Auch die Fern- und Nahwärme wollen wir dekarbonisieren und richten die Förderung an klimaneutralen Lösungen aus. Für die Ener- gieeffizienz ist es maßgeblich, von der Einzelbefeuerung weg und hin zu verknüpften Systemen zu kommen, in denen aus verschiedenen Erneuerbaren-Quellen wie Abwärme, Geo- oder Solarthermie Wärme eingespeist und gespeichert wird. Dabei werden wir auch Industrie und Wirtschaft in die Wärmesysteme einbinden. Solche verbundenen klimaneutralen Energiesysteme werden wir fördern, besonders in städtischen Gebieten.

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Die Wärmewende muss mit wirksamem Mieter*innenschutz und gezielter Förderung einhergehen. Wir wollen mit dem sogenannten Drittelmodell die Kosten für klimafreundliche Modernisierungen fair zwischen Vermieter*innen, Staat und Mieter*innen verteilen, sodass sie für alle bezahlbar und für die Vermieter*innen angemessen wirt- schaftlich werden. Die Modernisierungsumlage wollen wir strikt begrenzen, damit Kosten nicht einfach auf die Mieter*innen abge- wälzt werden können. Mit einem Zuschuss zum Wohngeld, dem Kli-

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mawohngeld, ermöglichen wir auch Empfänger*innen von Wohngeld, in klimafreundlichen Wohnungen zu leben. Bei der CO2-Bepreisung im Wärmebereich erreichen wir Lenkungswirkung, wenn diejenigen dafür aufkommen, die die Klima-Investitionen auch tätigen: die Hauseigen- tümer*innen. Denn sie sind es, die etwas am Zustand der Gebäude und der Wärmeversorgung ändern können, während sie zugleich von der Wertsteigerung durch die Modernisierung profitieren. Für Kommunen sollen regionale Wärme- und Energie- sowie integrierte Quartiers- planungen verbindlich gelten. Dabei unterstützen wir durch das Akti- onsprogramm Faire Wärme mit Steuervergünstigungen, kostenloser Beratung und zielgerichteten Förderprogrammen den Umbau hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung.

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Atomkraft ist nicht geeignet, die Klimakrise zu bekämpfen. Wir wer- den den Atomausstieg in Deutschland vollenden. Doch obwohl Atom- kraft eine Hochrisikotechnologie ist, wird bei uns immer noch Uran angereichert, werden Brennstäbe hergestellt und exportiert. Unser Ziel ist es, die Atomfabriken in Gronau und Lingen schnellstmöglich zu schließen. Der Betrieb des Forschungsreaktors Garching mit hoch- angereichertem Uran gehört beendet. Zum Erbe der Atomenergienut- zung gehört die Endlagersuche. Wir bekennen uns zum verabredeten Pfad der Standortsuche mit höchsten Sicherheitsstandards bei größt- möglicher Transparenz und Beteiligung der Bevölkerung. Der Rückbau der bestehenden Atomkraftwerke muss schleunigst und ohne Zeit- verzögerung auf höchstem Sicherheitsniveau erfolgen. Auch hier gilt, dass wir mit diesen Altlasten nicht die nachfolgenden Generationen belasten dürfen. Voraussetzung dafür ist eine Zwischen- und Endlage- rung von schwach-, mittel- und vor allem von hochradioaktivem Abfall bei höchsten Sicherheitsstandards. Dafür ist ein Gesamtkonzept Vor- aussetzung. Vor allem die Sicherheit gegen Terroranschläge muss gewährleistet sein, da die Zwischenlager noch lange Zeit benötigt werden. Wir werden dafür sorgen, dass die Lagerung und die Trans- porte streng überwacht werden. Auch in der EU wollen wir den Ein- stieg in den Ausstieg vorantreiben. Wir setzen uns für eine Reform von Euratom, gegen die weitere Privilegierung oder neue Förderun- gen der Atomkraft, und für verbindliche Sicherheitsstandards aller

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Der Weg zur Klimaneutralität erfordert, unsere Mobilität im 21. Jahr- hundert grundlegend neu zu denken. Darin liegt eine große Chance: Städte und Dörfer mit mehr Lebensqualität, Mobilität ohne Klima- zerstörung, ohne Staus und Verkehrstote, mehr Freiheit, Teilhabe und Wohlstand sind möglich. Mit einem Bundesmobilitätsgesetz wollen wir eine neue Grundlage für die Verkehrspolitik und -gesetzgebung schaffen. Statt eines Verkehrsmittels, des Autos, stellen wir den Men- schen und seine vielfältigsten Bedürfnisse in den Mittelpunkt, vor allem die der Verletzlichsten in unserer Gesellschaft, also der Kinder, Jugendlichen, Senior*innen und Menschen mit Handicaps. Mobilitäts- politik wird konsequent an den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen, an Sicherheit, Klimaschutz, Verkehrsvermeidung, Flächengerechtig- keit, Lärmschutz und Luftqualität, sozialer Teilhabe und Geschlechter- gerechtigkeit ausgerichtet. Statt wie seit Jahrzehnten einen Verkehrs- träger einseitig zu bevorzugen, sorgen wir für eine faire Balance – mit einer starken Bahn, einem modernen ÖPNV und besten Bedingun- gen für Radfahrer*innen und Fußgänger*innen. Die Mobilitätswende braucht nicht nur eine bessere gesetzliche Grundlage, sondern auch eine Beschleunigung in der Umsetzung. Dazu wollen wir eine umfas- sende Ausbildungs- und Forschungsoffensive starten.

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attraktive und für alle bezahlbare Mobilitätsangebote zu machen. Dafür wollen wir alle deutschen Großstädte regelmäßig an den Fern- verkehr anbinden, die Takte im Regionalverkehr verdichten und den Zugverkehr wieder stärker in die Fläche bringen. Stillgelegte Bahn- strecken wollen wir schnellstmöglich reaktivieren. Ergänzen wollen wir diese Angebote durch schnelle Sprinterzüge und Nachtzüge, die alle großen europäischen Metropolen bezahlbar miteinander ver- binden. Lücken und Engpässe sowohl im innerdeutschen als auch im grenzüberschreitenden Schienennetz sowie in den Bahnknoten wollen wir schließen. Den Aus- und Neubau, die Elektrifizierung und Digitalisierung des Netzes treiben wir zügig voran. Die bundeseigene Infrastruktur wollen wir vom Druck, Gewinne erzielen zu müssen, und von der chronischen Unterfinanzierung befreien und dafür ent- sprechende Strukturen schaffen. Wir wollen 100 Milliarden Euro, ver- teilt auf die Jahre bis 2035, zusätzlich in Schienennetz und Bahnhöfe investieren und im Zusammenwirken mit den Ländern die Regionali- sierungsmittel zweckgebunden noch einmal erhöhen, sodass sich die Pro-Kopf-Investitionen an das europäische Niveau angleichen. Um die Investitionen langfristig und zuverlässig zu finanzieren, schaffen wir einen Infrastrukturfonds, der sich auch aus Einnahmen aus der Lkw- Maut speist. Die Trassenpreise wollen wir deutlich senken, um Anreize für Verkehrsverlagerungen auf die Schiene zu verstärken. Bahnhöfe wollen wir zu modernen, barrierefreien Mobilitätsstationen aufwer- ten. Die Kombination von Bahn mit dem Fahrrad- und Busverkehr wird dadurch deutlich verbessert, dazu sollen auch die Mitnahmemöglich- keiten für Fahrräder im Zug erweitert werden. Den Lärmschutz auch an dichtbefahrenen Bestandsstrecken verstärken wir, Barrierefreiheit der Bahn wollen wir in zehn Jahren erreichen. Wir sorgen dafür, dass Bahnfahren für alle bezahlbar ist. Gerade junge Menschen in Ausbil- dung oder Studium wollen wir bei klimafreundlicher und bezahlbarer Mobilität besonders unterstützen. Wir wollen, dass in Zukunft auch alle Freiwilligendienstleistende wie Soldat*innen kostenfrei mit der Deutschen Bahn fahren dürfen. Den Deutsche-Bahn-Konzern wollen wir transparenter und effizienter machen und auf das Kerngeschäft ausrichten, die Eisenbahn in Deutschland und im benachbarten euro- päischen Ausland. Wir setzen auf starke Verlagerungen von Straßen- und Flugverkehr auf die Schiene. Mit uns wird die Bahnbranche ein noch stärker wachsender Jobmotor mit sicheren Arbeitsplätzen.

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Autonomes Fahren, vernetzte Mobilitätsangebote, nutzen statt besit- zen – der digitale Fortschritt wird unseren Alltag in den nächsten Jahren grundlegend verändern. Wir wollen die deutsche Mobilitäts- wirtschaft zur Vorreiterin für neue Mobilitätslösungen machen und die Digitalisierung nachhaltig, inklusiv und ausgewogen für die Ver- kehrswende nutzen. Echtzeitinformationen und ein einheitliches Ticketsystem müssen im ÖPNV Standard werden. Damit man prob- lemlos überall von A nach B kommt, wollen wir mit dem Mobilpass die Angebote von 120 Verkehrs- und Tarifverbünden in Deutschland vereinfachen und verknüpfen und Sharing- und Ridepooling-Dienste so integrieren, dass Sozial- und Umweltdumping ausgeschlossen sind. Bei der Vernetzung sind das Open-Data-Prinzip und offene Schnitt- stellen zu beachten. Wir wollen den Wechsel zu Fahrrad, Bus und Bahn für alle attraktiv machen und auch finanziell fördern. Der Mobilpass soll ebenso Sozialtarife und ticketlose Nutzung fördern. Alle Mobili- tätskonzepte müssen barrierefrei sein und eine Teilnahme auch ohne eigene digitale Endgeräte ermöglichen. Für autonomes Fahren ver- bessern wir den Rechtsrahmen mit Schwerpunkt auf dem öffentlichen Verkehr. Fahrgastrechte wollen wir durch automatisierte Entschädi- gungsverfahren stärken.

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Den Autoverkehr klimaneutral gestalten

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Der Automobilverkehr muss in den nächsten zehn Jahren endlich einen starken Beitrag zum Klimaschutz leisten. Bisher sind dort die Emissionen immer weiter gestiegen, es braucht jetzt die Trendwende. Zum Erreichen der Klimaneutralität muss der Autoverkehr abneh- men und gleichzeitig emissionsfrei werden. Wir werden dafür sorgen, dass dank besserer Züge, Busse, Rad- und Fußwege und flankierender Maßnahmen bis 2030 mehr als die Hälfte der Wege im Umweltver- bund zurückgelegt werden. Das Auto wird aber für viele weiterhin wichtig sein. Die Autos müssen in der Summe im Sinne der Lebens- qualität aller digitaler, leiser, kleiner und leichter sowie klimaneu- tral und besser recycelbar sein. Dabei geht es uns auch darum, mit Hilfe von Digitalisierung, autonomem Fahren und der Stärkung neuer

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Mobilitätsdienstleistungen Autos effizienter zu nutzen und auf diese Weise mehr Mobilität bei weniger Verkehr zu fördern. Ab 2030 dür- fen deshalb nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden; den Weg dorthin bereiten europäische CO2-Flottengrenzwerte und eine ansteigende nationale Quote, die sich am 1,5-Grad-Pfad orien- tieren. Bis 2030 müssen aber bereits in relevantem Maße bisherige Verbrennerfahrzeuge durch E-Autos ersetzt werden, deren Anteil soll daher bis 2030 auf mindestens 15 Millionen Fahrzeuge steigen. So sorgen wir für saubere Luft, erfüllen unsere Klima- und Umweltziele und die Automobilindustrie kann ihre Entwicklungsarbeit und ihre Investitionen verlässlich planen. Das sichert zukunftsfähige Arbeits- plätze und neue Geschäftsmodelle. Die Kaufförderung emissions- freier Autos wollen wir in ein Bonus-Malus-System überführen und für Elektro- Leichtfahrzeuge öffnen. Klimafreundliche Autos werden billiger, klimaschädliche teurer. Auch die Umrüstung bestehender Verbrenner zu emissionsfreien Autos wollen wir fördern. Zudem nut- zen wir Regulierung, verpflichtende Verbraucherinformationen und Anreize, um Autos insgesamt leichter und effizienter zu machen. Wir beenden schrittweise die Dieselsubvention und gestalten die Dienst- wagenbesteuerung sozial-ökologisch um. Wir beschleunigen den flä- chendeckenden Ausbau einer einheitlichen Ladeinfrastruktur, beson- ders im ländlichen Raum, inklusive Schnellladesäulen. Laden muss flächendeckend in Deutschland und Europa schnell, ökologisch, güns- tig und bequem möglich sein.

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Die Verkehrspolitik hat jahrzehntelang einseitig Straßenbau und Pkw- Verkehr gefördert. Sie reißt damit alle Klima- und Nachhaltigkeitsziele und führt doch tagtäglich zu Staus. Das hat keine Zukunft – moderne Mobilität für dieses Jahrhundert verlangt neue Prioritäten. Deutsch- land braucht eine Infrastrukturentwicklung, die den 1,5-Grad-Pfad einhält und allen Menschen zukunftsfähige und sichere Mobilität ermöglicht. Wir legen den Fokus auf den Ausbau von Geh-, Rad- und Schienenwegen, eine gleichberechtigte Verteilung von Flächen, die Umnutzung bestehender Infrastrukturen sowie eine intelligente barrierefreie Vernetzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel. Auch die Vermeidung von Verkehr und daraus resultierenden Belastun-

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gen, unter anderem durch bessere Bedingungen für Homeoffice und die Wiederkehr der Nahversorgung in Orte und Stadtviertel, werden wir unterstützen. An den Verkehrswegen wollen wir für zusätzliche Bäume und ihren Bestandserhalt als Teil einer grünen Infrastruktur sorgen. Der bisherige Bundesverkehrswegeplan wird diesen Ansprü- chen überhaupt nicht gerecht. Trotz Klima- und Artenkrise und obwohl Deutschland eines der dichtesten Straßennetze der Welt hat, enthält der Bundesverkehrswegeplan noch hunderte weitere Straßenbaupro- jekte, die unsere Landschaften und unsere Natur zerschneiden und den Klimaschutz gefährden. Deutschland hat keinen Mangel an Straßen, erst recht keinen an Autobahnen. Wir wollen deshalb den Bundesver- kehrswegeplan schnellstmöglich durch einen neuen Bundesnetzplan ersetzen, der die Verkehrsinfrastrukturplanung systematisch an den Erfordernissen der Mobilitätswende ausrichtet und die bis 2030 vor- gesehenen Neu- und Ausbauten von Autobahnen und Bundesfernstra- ßen deutlich reduziert. Dies erfordert eine grundsätzliche Änderung der bisherigen standardisierten Bewertungsverfahren, Berechnungs- grundlagen und Kriterien unter Berücksichtigung der tatsächlichen Klima- und Umweltkosten, die gründliche Prüfung von Alternativen, die auch andere Verkehrsträger einbezieht, eine Verbesserung der bisher unzureichenden Beteiligung der Bürger*innen und Verbände sowie die Abkehr vom sogenannten Finanzierungskreislauf Straße. Wir schützen damit unsere Wohngebiete, Wald und Wasser, Moore und Artenvielfalt und so unsere eigenen Lebensgrundlagen. Angesichts der Klimakrise darf nicht gelten: Nur weil es schon immer so geplant war, muss das jetzt auch gemacht werden. Die anstehende Überprü- fung des aktuellen Bundesverkehrswegeplans werden wir zudem nut- zen, um alle nicht im Bau befindlichen Abschnitte sowie besonders umweltschädliche Straßenneubau- und Straßenausbauprojekte einer Klima-, Umwelt- und Bedarfsprüfung zu unterziehen und sie dadurch deutlich zu reduzieren. Bis zum Abschluss der Überprüfung dürfen bei diesen Projekten keine irreversiblen Fakten geschaffen werden. Das gilt umso mehr, weil der ausufernde Straßenneubau Mittel bin- det, die wir anderswo viel dringender brauchen. Die Mittel für den Straßenneu- und -ausbau werden wir deshalb weitgehend umschich- ten – zugunsten der Sanierung maroder Infrastruktur und des Aus- baus der Schienen- und Radwegeinfrastruktur. Dazu gehört auch eine gründliche Bewertung der finanziellen Risiken des Straßenbaus und

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Nirgendwo wird die Mobilitätswende sehnlicher erwartet als in den Innenstädten: Unfälle, Staus, Abgase, Lärm, zu wenig Platz für Kinder zum Spielen und für Begegnungsräume – die autozentrierte Stadt ist nicht nur klimaschädlich, sondern auch kein schöner Ort zum Leben. Wir wollen unsere Städte lebenswerter machen und sie dazu bei der Mobilitätswende gezielt unterstützen. Wir werden es ihnen erleichtern, den Raum Straße vielfältig nutzbar zu machen, attraktive Rad- und

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Fliegen bringt unsere Welt näher zusammen, ist aber eine der klima- schädlichsten Fortbewegungsarten. Nach der Pandemie wollen wir kein Zurück zum unbegrenzten Wachstum des Luftverkehrs, sondern diesen am Ziel der Klimaneutralität ausrichten. Kurzstreckenflüge wollen wir ab sofort Zug um Zug verringern und bis 2030 überflüs- sig machen, indem wir massiv Bahnangebote – gerade Direkt- und Nachtzugverbindungen – ausweiten und für faire Wettbewerbsbedin- gungen zwischen den Verkehrsmitteln sorgen, die die ökologischen Kosten wiederspiegeln. Die Zahl von Mittel- und Langstreckenflügen gilt es zu vermindern, zum Beispiel indem öffentliche und privatwirt- schaftliche Geschäftsreisen durch die Nutzung von Videokonferenzen entfallen. Das Fliegen wollen wir nachhaltig, zukunftsfähig und lang- fristig unabhängig von fossilen Treibstoffen machen. Dafür sorgen ein strikter europäischer Emissionshandel, die Förderung moderner Flug- zeugtechnologien und die Erhöhung der Beimischungsquoten mit einem klaren Anstiegspfad, der fossiles Kerosin durch strombasierte

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Jeden Tag werden durch Deutschland Millionen Tonnen an Gütern transportiert, heute zumeist in Form endloser Lkw-Karawanen auf unseren Straßen. In einem klimaneutralen Deutschland muss auch der Güterverkehr zukunftsfähig, emissionsfrei und weniger lärminten- siv sein. Für weniger Lkw-Verkehr wollen wir den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlagern. Dafür werden wir die Kombina- tion von Straße, Schiene und Wasser ertüchtigen und Industrie und Gewerbe wieder ans Bahnnetz anschließen – auch in der Fläche. Wir fördern Investitionen in moderne Güterverkehrstechnik, intermodale Güterverkehrszentren und Umschlagterminals für den kombinierten Güterverkehr. Wir setzen zudem auf regionale Wirtschaftskreisläufe und die Chancen der Digitalisierung und Vernetzung bei der Organisa- tion der Logistik. Den ausufernden Lkw-Verkehr wollen wir durch eine CO2-orientierte Maut so regulieren, dass die entstehenden Kosten von den Verursacher*innen getragen werden. Zusammen mit ambitionier- ten CO2-Flottengrenzwerten und Quoten, der Förderung klimafreund- licher Antriebe und dem schnellen Aufbau der entsprechenden Infra-

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Die Schifffahrt klima- und umweltverträglich machen

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Für ein außenhandelsorientiertes Land wie Deutschland ist eine inter- national wettbewerbsfähige maritime Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. Wir setzen uns für die Entwicklung eines gemeinsamen Seehafenkonzepts durch Bund und Länder ein, das auf Kooperation der Standorte statt auf Konkurrenz setzt. Die Schifffahrt wollen wir durch verbindliche Emissionsminderungsziele und eine Einbeziehung in den EU-Emissionshandel klimaneutral machen. Wir setzen die poli- tischen Rahmenbedingungen dafür, dass die Schifffahrt schnellst- möglich wegkommt vom Schweröl mit seinen giftigen Abgasen und dass sich stattdessen Landstromanlagen, emissionsarme Terminals, alternative Schiffsantriebe und klimaneutrale Treibstoffe ebenso wie faire Arbeitsbedingungen für alle an der Seefahrt Beteiligten durch- setzen. Dafür drängen wir auf weltweit höhere Standards. Moderni- sierte Binnenschiffe müssen künftig einen wichtigen Beitrag zum klimaneutralen Gütertransport liefern. Wir sehen uns in der Verant- wortung für einen guten ökologischen Zustand aller Wasserstraßen. Marode Wasserstraßen müssen umweltverträglich saniert werden, für Flussvertiefungen soll es ein Moratorium und eine grundsätzliche Überprüfung im Rahmen der Neuaufstellung des Bundesnetzplans im Sinne der neuen UN-Dekade für die Wiederherstellung von Öko- systemen geben.

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Biologische Vielfalt sichert das Leben auf der Erde. Ökologische Leit- planken müssen daher unser Handeln definieren – als „Barometer des Lebens“. Um die Krise der Artenvielfalt zu überwinden und das massenhafte Artensterben zu beenden, brauchen wir vor allem eine andere Landnutzung. Wie beim Klimaschutz zählt auch beim Natur- schutz jeder Tag. Deshalb werden wir ein Sofortprogramm Artenschutz auflegen, mit dem wir den Pestizideinsatz deutlich verringern und den Einsatz besonders schädlicher Umweltgifte wie Glyphosat untersagen. Wir wollen den Verkauf von naturwertvollen bundeseigenen Flächen sowie die Entwässerung von Moorstandorten stoppen und militärische Konversionsflächen dem Naturschutz zur Verfügung stellen. Zur bes- seren Vernetzung der Schutzgebiete wollen wir Naturschutzkorridore schaffen. Gemeinsam mit den Ländern werden wir die Naturschutzwir- kung der Natura-2000-Gebiete verbessern, wo möglich Nationalparks und andere Schutzgebiete vergrößern bzw. neue schaffen sowie das nationale Naturerbe stärken. Damit der Naturschutz endlich ausrei- chend finanziert wird, werden wir neue Wege gehen: 10 Prozent der Gelder aus dem Energie- und Klimafonds sollen für Klimaschutz durch Naturschutzmaßnahmen eingesetzt werden. Wir werden den Wildnis- fonds ausbauen, damit sich auf mindestens 2 Prozent der Landesflä- che wieder echte Wildnis entwickelt, wo Pflanzen und Tiere ungestört leben können. Wir wollen erreichen, dass vor jeder Planung von Inf- rastrukturvorhaben die Auswirkungen auf Klima, Natur und Umwelt umfassend geprüft und berücksichtigt werden. Auch einer vielfälti- gen Kulturlandschaft kommt eine große Bedeutung für den Schutz unserer Natur zu. Deshalb wollen wir wertvolle Landschaftselemente wie artenreiche Blumenwiesen, Streuobstbestände, Weinbau-Terras- sen, Alleen, Einzelbäume und Blühstreifen entlang von Straßen und auf kommunalen Flächen besser schützen und neu schaffen. Den Ver- brauch an Boden in Natur und Landwirtschaft werden wir endlich drastisch reduzieren – in einem ersten Schritt auf unter 30 Hektar pro

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Unser Wald ist durch die Klimakrise – durch Hitzewellen, Dürre und Stürme – stark bedroht. Wir erleben heute schon ein Waldsterben, das weitaus größere Schäden anrichtet, als in den 80er Jahren durch den sauren Regen entstanden sind. Naturnahe, artenreiche und klimasta- bile Waldökosysteme sind widerstandsfähiger als Monokulturen. Sie halten den Wasserkreislauf in Balance und die Böden fruchtbar, spei- chern Kohlenstoff, reinigen die Luft, sind der Lebensraum zahlreicher bedrohter Tiere, Pflanzen und Pilze, produzieren Rohstoffe und dienen der Erholung und Gesundheitsvorsorge. Wir fördern die Entwicklung gesunder Wälder, die mehr Kohlenstoff binden, als aus ihnen heraus- geholt oder freigesetzt wird. Wir wollen gesetzliche Mindeststandards festlegen, damit die Waldbewirtschaftung naturnah wird, den Umbau und die Wieder- und Neubewaldung nach ökologischen Bewirtschaf- tungsvorgaben ausrichten und die Waldbesitzer*innen dabei mit qua- lifizierter Förderung und Beratung unterstützen. Das dient auch dem ökonomischen Mehrwert. Im Einklang mit Naturschutz- und Wald- besitzerverbänden setzen wir uns für wald-, natur- und tierschutzge- rechte Bejagungsmethoden ein. Die Bewirtschaftung aller Flächen der öffentlichen Hand soll an ökologische Kriterien geknüpft werden – im Wald nach FSC- oder Naturlandstandards, in der Landwirtschaft nach Ökolandbau zertifiziert. Wir wollen als ersten Schritt mindestens 5 Prozent unserer Wälder der Natur überlassen. So schaffen wir die Urwälder von morgen. Weitere Dürrejahre vergrößern die Waldbrand- gefahr. Gemeinsam mit Kommunen und Ländern wollen wir eine bun- desweite Präventions- und Bekämpfungsstrategie erarbeiten.

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Die Renaturierung von Flüssen, Auen und Wäldern und die Wiederver- nässung von Mooren – all das schützt nicht nur seltene Lebensräume und die biologische Vielfalt, sondern auch das Klima. Deshalb werden wir eine Renaturierungsoffensive starten. Naturnahe Bäche und die letzten frei fließenden Flüsse wie die Elbe müssen erhalten bleiben, einen Ausbau der Oder lehnen wir ab, das gilt auch für die Tideelbe. Maßnahmen, die den ökologischen Zustand unserer Fließgewässer verschlechtern, sind nicht erlaubt. Diese Vorgabe aus dem europäi- schen Recht werden wir durchsetzen. Flüsse mit weiten Auen und Überschwemmungsgebieten sind auch der beste Schutz gegen Hoch-

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wasser und halten das Wasser in der Landschaft. Wir werden des- halb die Aufgaben der Bundeswasserstraßenverwaltungen nach öko- logischen Kriterien neu ausrichten. Spezifische Programme für wilde Bäche, naturnahe Flüsse, Seen, Auen und Feuchtgebiete wie das Blaue Band wollen wir stärken und gemeinsam mit den Ländern die EU- Wasserrahmenrichtlinie endlich konsequent umsetzen. Moorschutz ist Klimaschutz. Daher wollen wir ein Ende der Torfnutzung und unsere Moore so schnell und umfassend wie möglich wiedervernässen. Dazu legen wir gemeinsam mit den Ländern ein großflächig wirksames Moor- Renaturierungsprogramm auf. Um die noch intakten Moore vor Torfabbau, Überdüngung und Entwässerung zu retten, werden wir sie unter strengen Schutz stellen. Für genutzte Moorböden wollen wir ökonomische Perspektiven für eine nachhaltige nasse Landwirtschaft ermöglichen und extensive Weidewirtschaft und Paludikultur stärken.

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Die Meere befinden sich in einem katastrophalen Zustand – und dieser droht sich durch weitere Versauerung, Überdüngung, Überfi- schung, Verschmutzung und Plastikmüll noch zu verschlechtern. Um der Plastikmüllflut Einhalt zu gebieten, wollen wir ein international verbindliches Abkommen zum Stopp der Plastikvermüllung unserer Meere auf den Weg bringen sowie ein Sofortprogramm mit ehrgei- zigen Müllvermeidungszielen auflegen. Wir wollen Technik fördern, die eine Bergung der Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee und ein umweltverträgliches Abfischen von Müll aus dem Meer ermög- licht. Aus den Erdölförderanlagen in der Nordsee treten durch Unfälle, ölhaltigen Bohrschlamm mit Bohrabfällen und auch durch die Abfa- ckelung von Gas giftige Stoffe aus. Wir setzen uns für ein Ende der Förderung fossiler Energieträger ein. In der deutschen Ausschließ- lichen Wirtschaftszone wollen wir einen sofortigen Stopp neuer Öl- und Gasbohrungen umsetzen sowie ein Förderende bis 2025. Auf europäischer und internationaler Ebene setzen wir uns für ein Ende der Öl- und Gasförderung in der gesamten Nord- und Ostsee ein. Wir wollen auch den Ausstieg aus dem Kies- und Sandabbau in Schutzgebieten vorantreiben und zugleich Raubbau in Ländern des globalen Südens durch Importstandards verhindern. Um die Überfi- schung zu beenden, die Fischbestände zu stabilisieren und Fischer*in- nen eine nachhaltige Perspektive zu geben, wollen wir Fangquoten und Fischereiabkommen anpassen, Schonzeiten ausdehnen und die Umstellung der Fischerei auf umwelt-, klima- und artenschonende Fangmethoden erreichen. Dazu gehören auch ein schnellstmöglicher Ausstieg aus der klima- und umweltschädlichen Grundschleppnetz- fischerei und eine naturschutzgerechte Regulierung von Stellnetzen. Wir wollen die Fischereisubventionen auf eine ökologische Meeres- nutzung ausrichten. Regionale Fischereibetriebe werden wir bei der Umstellung ebenso unterstützen wie beim Aufbau von Alternativen durch umweltfreundliche touristische Angebote. Ein wichtiger Schritt, um ökologische Fischerei und Aquakultur auskömmlich zu honorie- ren, ist eine verbindliche und für die Verbraucher*innen transparente

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Der Plastikmüll wird immer mehr, der Mehrweganteil bei Geträn- ken sinkt seit Jahren. Einwegbecher werden nur für wenige Minuten genutzt, bevor sie zu Müll werden. Ausgediente Handys und Tablets verstauben in Schubladen, obwohl sie wiederverwendet oder recycelt werden könnten. Unser Ziel ist Zero Waste. Es soll kein Müll mehr verursacht und die Ressourcenverschwendung gestoppt werden. Das kann nur gelingen, wenn Hersteller*innen und Müllverursachende stärker in die Verantwortung genommen werden und das Konzept der Kreislaufwirtschaft ganzheitlich bei Design, Herstellung, Nutzung und Entsorgung von Produkten berücksichtigt wird. Unerwünschte, oft sogar noch in Plastikfolie eingepackte Werbung gehört nicht in unsere Briefkästen. Wir werden das komplizierte Pfandsystem ent- wirren. Jede Flasche soll in jeden Pfandautomaten passen, den To- go-Mehrwegbecher machen wir bis 2025 zum Standard. Wir fördern Mehrweg bei Transport, Online-Handel, Einkauf und Lebensmittel- verpackungen. Wir treten für ein EU-weites Pfandsystem ein. Damit Ressourcenschätze aus alten Elektrogeräten zurück in den Kreislauf finden, schaffen wir in einem ersten Schritt ein Pfand auf Handys, Tablets und energieintensive Akkus. Das bisherige Lizenzgeld für Plastikverwertung entwickeln wir zu einer Ressourcenabgabe weiter. Bei der Ausgestaltung der Müllsammlung wollen wir die Position der Kommunen stärken. Das Verpackungsgesetz wird zum Wertstoffge- setz, das allen ökologisch vorteilhaften Mehrwegprodukten Vorrang einräumt sowie Müllvermeidung und hochwertiges Recycling fördert. Dazu müssen Kunststoffsorten und Verbundstoffe reduziert und gift- frei werden. Biowertstoffe gehören nicht in die Verbrennung, sondern müssen verwertet werden. Plastikmüll soll nicht mehr exportiert wer- den, wenn er nicht hochwertig recycelt wird. Stoffe im Kreislauf zu führen, wird auch ökonomisch vorteilhafter werden, als sie wegzu- werfen. Kreislaufwirtschaft wird das neue Normal.

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Wir alle brauchen saubere Luft zum Atmen. Doch Abgase aus dem Verkehr, aus Kohlekraftwerken oder alten Ölheizungen machen krank. Schlimmer noch: Nach Berechnung der Europäischen Umweltagen- tur sterben allein in Deutschland pro Jahr 70.000 Menschen vorzeitig durch von Luftverschmutzung verursachte Krankheiten. Die ökologi- sche Modernisierung bietet riesige Chancen, die Luft zu verbessern. E-Autos, Solar- und Windenergie schützen unsere Luft. Wir wollen diese Entwicklung beschleunigen und die Grenzwert-Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation für Luftschadstoffe schnellstmög- lich umsetzen. Auch durch mehr Grün in unseren Städten verbessern wir dort die Luftqualität. Um diese Ziele zügig zu erreichen, werden wir alle Emissionsquellen wie Verkehr, Industrie und Landwirtschaft

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Klimaanpassung und mehr Natur in der Stadt

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Die Klimakrise verändert zunehmend die Rahmenbedingungen unse- res Zusammenlebens. Schon heute hat sich die Erde um 1,2 Grad erhitzt. Die Folgen sind mit Hitzesommern, Überschwemmungen und Stürmen längst auch in unserem Land spürbar und treffen oft die am härtesten, die in schwierigsten Umständen leben. Während wir um jedes Zehntelgrad weniger an Erderhitzung kämpfen, müssen wir uns zugleich an diese Veränderungen anpassen. In ländlichen Räu- men gilt es insbesondere Land- und Forstwirtschaft, Tourismus und Fischerei bei der Anpassung zu unterstützen, um Schäden durch Dür- ren, Ernteausfälle und Waldsterben zu verringern. Unsere Städte wol- len wir besser gegen Hitzewellen und Starkregen wappnen – mit Hit- zeaktionsplänen und einem Stadtumbau im Großen wie im Kleinen: mehr Stadtgrün, Bodenentsiegelung, Frischluftschneisen, Gebäudebe- grünung, Wasserflächen und öffentliche Trinkbrunnen. Als Schwamm- städte sollen sie künftig mehr Wasser aufnehmen, speichern und im Sommer kühlend wirken. Das erhöht auch die Lebensqualität gerade für all jene, die sich keinen eigenen Balkon oder Garten leisten kön- nen: Dachgärten sind natürliche Klimaanlagen für Wohnungen und Büros, Parks und Stadtwälder spenden Schatten und frische Luft. Wir wollen durch Verbesserungen im Baurecht und in der Städtebau- förderung Stadt und Land helfen, all das schnellstmöglich vor Ort umzusetzen. Auch für Tiere und Pflanzen sind unsere Städte immer wichtigere Lebensräume. Deshalb wollen wir die Natur in der Stadt ausweiten. Das vorhandene Grün werden wir schützen und ökologisch aufwerten, Gärtner*innen und Kleingärtner*innen wollen wir dabei als Verbündete gewinnen. Wir werden die Lichtverschmutzung ein- dämmen, die Menschen, Tiere und Pflanzen schädigt und wesentlich zum Verschwinden von Insekten und Vögeln beiträgt.

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Wir stärken Bäuer*innen, Tiere und Natur Landwirtschaft fit für die Zukunft machen

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Wir wollen Klima-, Umwelt-, Tier- und Gewässerschutz und landwirt- schaftliche Erzeugung miteinander versöhnen. Die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu machen – das begreifen wir als Aufgabe für die nächsten Jahre. Das geht nur mit der Natur zusammen und mit einem Verständ- nis von Natur, das sich an Kreisläufen orientiert und sich dem Ressour- censchutz verpflichtet sieht. Das bedeutet fruchtbare kohlenstoffspei- chernde Böden, sauberes Wasser und intakte Ökosysteme, aber auch ein faires Auskommen von Landwirt*innen und eine gute und gesunde Ernährung für alle. Das können und werden wir nur gemeinsam mit den Bürger*innen und Bäuer*innen erreichen. Insbesondere kleine Betriebe wollen wir bei der notwendigen Transformation unterstützen und pragmatische Lösungen für sie finden. Unser Leitbild ist eine sich weiterentwickelnde ökologische Landwirtschaft mit ihren Prinzipien Tiergerechtigkeit, Gentechnikfreiheit und Freiheit von chemisch-syn- thetischen Pestiziden. Dafür wollen wir den Ökolandbau umfangreich fördern und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass künftig immer mehr Bäuer*innen und Lebensmittelhersteller*innen umstellen. Ziel sind 30 Prozent Ökolandbau bis 2030. Die Agrarforschung für eine Ökologisierung der Landwirtschaft werden wir deutlich ausweiten. Wir werden vielfältige Fruchtfolgen und widerstandsfähige Anbausysteme wie Agroforst ebenso stärken wie die Nutzung von robusten Pflanzen- sorten und Tierrassen. Stickstoffüberschüsse werden wir deutlich redu- zieren. Auch digitale Anwendungen können bei entsprechender Aus- richtung die Landwirtschaft umwelt- und klimafreundlicher machen, müssen aber auch – zum Beispiel über Sharing-Konzepte – kleineren Betrieben offenstehen und bezahlbar sein. Monokulturen, Pestizide und chemisch-synthetischer Dünger führen auch im globalen Süden zu erheblichen Schäden für Gesundheit und Umwelt, während Kleinbäu- er*innen durch europäische Dumpingexporte, patentiertes Saatgut und Landraub weiter in die Abhängigkeit getrieben werden. Das Recht auf Nahrung muss garantiert sein, kleinbäuerliche Strukturen wollen wir stärken. Dafür unterstützen wir mit unserer Agrar- und Entwicklungs- politik eine globale sozial-ökologische Agrarwende.

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Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU sollte zu einem Instrument für eine sozial- ökologische Agrarpolitik werden – und nicht wie bisher für die Industrialisierung der Landwirtschaft. Das muss der Ausgangs- punkt für einen Gesellschaftsvertrag zwischen Bäuer*innen, Verbrau- cher*innen und Politik für Klima- und Naturschutz sein. Wir wollen eine Reform, damit die Milliarden an öffentlichen Geldern künftig für öffentliche Leistungen wie Klima-, Umwelt- und Tierschutz ein- gesetzt werden und dabei die regionale Landwirtschaft stärken. Um den nachhaltigen Umbau der Landwirtschaft gemeinsam mit den Bäuer*innen voranzutreiben, gilt es, die nationalen Spielräume für die bevorstehende Förderperiode bestmöglich für diese Ziele zu nut- zen. Wir wollen das System der Direktzahlungen schrittweise durch eine Gemeinwohlprämie ablösen, die konsequent gesellschaftliche Leistungen honoriert. Wir setzen uns für innovative Instrumente der Agrarumweltförderung ein, bei denen Klima- und Naturschutz sowie agrarökologische Ziele gemeinsam gedacht werden. Bis zum Jahr 2028 wollen wir für mindestens die Hälfte der Gelder eine ökologi- sche Zweckbindung erreicht haben.

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Es gibt viele Gründe, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft deutlich herunterzufahren. Der Schutz der menschlichen Gesundheit gehört dazu. Vor allem sind weniger Pestizide der wichtigste Hebel, um den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen. Wir wollen den Aus- stieg aus der Pestizidabhängigkeit unserer Landwirtschaft schnell und machbar gestalten: durch eine systematische Pestizidreduktions- strategie, ein Sofortverbot für besonders umwelttoxische Wirkstoffe und das immer noch häufig eingesetzte Pestizid Glyphosat. Um den Einsatz von Pestiziden insgesamt zu reduzieren, führen wir eine Pes- tizidabgabe ein. Um wirksamen Artenschutz zu betreiben und unser Trinkwasser zu schützen, wollen wir die Ausbringung von Pestiziden in Naturschutzgebieten und Trinkwasserschutzgebieten untersagen und ein flächendeckendes Pestizidmonitoring einführen. Betroffene Landwirt*innen werden wir bei der Umsetzung finanziell unterstüt- zen. Wir werden außerdem den Export von Pestiziden beenden, die

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Eine vielfältige, gerechte und nachhaltige Landwirtschaft beginnt beim Saatgut. Angesichts der Klima- und Biodiversitätskrise wollen wir die Züchtung von robusten Sorten und die Forschung für öko- logisches Saatgut vorantreiben sowie die Forschung zu alternativen Ansätzen stärken, die auf traditionelle und ökologische Züchtungs- verfahren setzen. Dabei muss wie bei jeder Technologie der Umgang mit alten wie neuen gentechnischen Verfahren einerseits die Freiheit der Forschung gewährleisten und andererseits bei der Anwendung Gefahren für Mensch und Umwelt ausschließen. Nicht die Techno- logie, sondern ihre Chancen, Risiken und Folgen stehen im Zentrum. Wir werden daher an einem strengen Zulassungsverfahren und am europäisch verankerten Vorsorgeprinzip festhalten. Dazu bleiben Risikoprüfungen auf umfassender wissenschaftlicher Basis und eine Regulierung, die unkontrollierbare Verbreitung ausschließt, sowie eine verbindliche Kennzeichnung, die gentechnikfreie Produktion und die Wahlfreiheit der Verbraucher*innen schützt, nötig. Entspre- chend braucht es eine Stärkung der Risiko- und Nachweisforschung. Wir wollen das Patentrecht so ausrichten, dass es keine Patente auf Lebewesen und ihre genetischen Anlagen mehr gibt.

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nahmen gegen Bodenspekulation und den Ausverkauf ländlicher Fläche ergreifen. Dazu gehört, dass künftig die Flächen der bundes- eigenen Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH nicht mehr pri- vatisiert, sondern vorzugsweise an ortsansässige, bäuerliche Betriebe und Existenzgründer*innen verpachtet werden, mit dem Ziel, die Flä- chen klima- und naturfreundlich zu bewirtschaften. Share Deals bei landwirtschaftlichen Betrieben werden wir regulieren, um den Aus- verkauf von Boden an außerlandwirtschaftliche Investoren zu unter- binden. Auch in der Lebensmittelerzeugung und -verarbeitung müssen faire Bedingungen herrschen. Ein besserer Arbeits- und Gesundheits- schutz für Beschäftigte in Landwirtschaft und Fleischindustrie sind ebenso notwendig wie mehr Rechte für die Arbeitnehmer*innen, tarif- liche Löhne und starke Gewerkschaften. In der Saisonarbeit gibt es zu viel prekäre Beschäftigung ohne Sozialversicherungsschutz. Hier trifft häufig körperlich schwere Arbeit auf karge Löhne und schlechte Unterkünfte. Diese sozialen Ungerechtigkeiten wollen wir beenden.

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Der Wunsch, wieder mehr regional und handwerklich erzeugte Lebens- mittel zu kaufen, in der Bäckerei, der Metzgerei, auf dem Bauernhof, wächst stetig. Gleichzeitig hat uns die Corona-Krise vor Augen geführt, wie wichtig regional funktionierende Lieferketten sind. Wir wollen die regionale Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung stärken und so dem Betriebesterben der letzten Jahre entgegentreten. Dazu gehö- ren auch faire Wettbewerbsbedingungen gegenüber importierten Lebensmitteln. In öffentlichen Einrichtungen wollen wir verstärkt regionale und ökologische Produkte, auch Umstellungsware, einset- zen – so schaffen wir Nachfrage und faire Preise. Wir unterstützen Regionalsiegel und Direktvermarktungen der Betriebe durch lokale Einkaufs-Apps und Regionalwerbung und sorgen mit einer klaren Definition von regionalen Produkten für Schutz vor Betrug. Öffent- liche Gelder und gezielte Beratung zum Umgang mit Auflagen und Kennzeichnungsvorschriften sollen vorrangig kleinen und mittleren bäuerlichen Betrieben und Handwerker*innen zugutekommen. For- schung und Beratung zur Regionalvermarktung und für innovative und partizipative Ansätze wie Erzeuger*innengemeinschaften, solida- rische Landwirtschaft oder Ernährungsräte unterstützen wir.

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Gesunde und ökologisch wertvolle Lebensmittel sollen allen Menschen in Deutschland leicht zugänglich sein, gesunde Ernährung darf nicht vom Geldbeutel abhängen. Ernährungsbedingte Krankheiten wollen wir gezielt eindämmen. Deshalb werden wir umsteuern und viele Stellschrauben neu justieren – sich gut und gesund zu ernähren, muss einfacher werden. Kitas, Schulen, Krankenhäuser, Pflegeheime, Mensen und Kantinen unterstützen wir dabei, mehr gesundes regionales und ökologisch erzeugtes Essen anzubieten; auch vollwertiges vegetari- sches und veganes Essen soll zum täglichen Angebot gehören. Gutes Essen scheitert allzu oft an unzureichendem Angebot und mangelnder Transparenz. Um das zu ändern, nehmen wir die Lebensmittelindustrie in die Pflicht. Wir brauchen verbindliche Reduktionsstrategien gegen zu viel Zucker, Salz, Fett und Zusatzstoffe in Fertiglebensmitteln und ökonomische Anreize für gesündere Produkte. Für Lebensmittelwer- bung, die sich an Kinder richtet, wollen wir klare Regeln, die sich an den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation orientieren. Umwelt- gerechte Ernährung gehört in die Lehrpläne aller relevanten Ausbil- dungsbereiche. Auch die Ernährungspolitik muss sich an den Pariser Klimaschutzzielen ausrichten. Klimaschutz heißt auch, dass wir als Gesellschaft weniger tierische Produkte produzieren und konsumie- ren werden. Wir wollen vegetarische und vegane Ernährung attrakti- ver und zugänglich für alle Menschen machen. Die Markteinführung von pflanzlichen Alternativen und Fleischersatzprodukten wollen wir fördern und sie steuerlich besserstellen. So sollen pflanzliche Milchal- ternativen mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz verkauft werden. Auch für fair gehandelten Kaffee wollen wir die Steuer runtersetzen. Insgesamt wollen wir die Forderung der EU-Kommission, Umweltfol- gekosten auch im Lebensmittelbereich steuerlich zu berücksichtigen, mit einer ökologischen Steuerreform aufgreifen, damit sich auch bei pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln der Preis ökologisch und sozial gerecht darstellt. Gegen die Lebensmittelverschwendung gehen wir entschlossen vor. Wir wollen mit einem Rettet- die-Lebensmittel- Gesetz verbindliche Reduktionsziele einführen, Lebensmittelhandel und produzent*innen verpflichten, genusstaugliche Lebensmittel wei- terzugeben, statt sie wegzuwerfen. Lebensmittel aus dem Müll zu ret- ten – das sogenannte Containern – muss entkriminalisiert werden.

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Das System des „Immer billiger, immer mehr“ hat die Landwirtschaft in einen Teufelskreis getrieben: Bäuer*innen werden von Dumping- preisen erdrückt und müssen immer mehr produzieren, um zu überle- ben, die Tiere werden immer mehr auf Leistung gezüchtet und leben immer kürzer, die ökologischen und gesellschaftlichen Probleme wachsen. Industrielle Massentierhaltung und Billigfleischexport in alle Welt sind mit einer klimagerechten Zukunft nicht vereinbar. Es braucht einen Ausweg. Ein Teil der Lösung ist, dass deutlich weniger Tiere gehalten werden als bisher und diesen Tieren ein wesentlich besseres Leben ermöglicht wird. Tiere brauchen mehr Platz, Auslauf im Freien und Beschäftigung – das wollen wir artspezifisch verbind- lich regeln und uns auch auf EU-Ebene für eine deutliche Anhebung der Tierschutzstandards einsetzen. Damit Tierschutz wirtschaftlich

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machbar ist, wollen wir die Landwirt*innen unterstützen: durch eine Umbauförderung, die durch einen Tierschutz-Cent auf tierische Pro- dukte finanziert wird, durch faire Preise und durch eine verpflichtende Haltungskennzeichnung für tierische Produkte. Die Tierhaltung soll so an die Fläche und an Obergrenzen pro Stall gebunden werden, dass eine umwelt- und tiergerechte Bewirtschaftung gewährleistet ist. Den tiergerechten und brandsicheren Umbau von Ställen werden wir zum Standard machen, an den sich alle halten müssen. Das wer- den wir ebenso gezielt fördern wie die Weidetierhaltung, die ökolo- gisch wertvolles Grünland erhält und sinnvoll nutzt. Ställe, in denen Tiere nicht zumindest entsprechend der EU-Ökoverordnung gehalten werden können, sollen nicht mehr gebaut werden. Statt tierquäleri- sche Züchtung auf Hochleistung wollen wir robuste Rassen und Zwei- nutzungsrassen fördern. Amputationen, Eingriffe ohne Betäubung und qualvolle Betäubungsmethoden sowie Käfig- und Anbindehaltung wollen wir beenden. Den Einsatz von Antibiotika in der landwirt- schaftlichen Tierhaltung werden wir deutlich senken. Um diese Medi- kamente gezielt einzusetzen und Resistenzen zu vermeiden, sollen vorrangig kranke Einzeltiere behandelt werden. Reserveantibiotika sollen der Humanmedizin vorbehalten werden. Um Lebendtiertrans- porte zu vermeiden, ziehen wir die regionale und mobile Schlach- tung dem Schlachten im zentralen Schlachthof vor und werden diese fördern. Wir wollen Tiertransporte auf vier Stunden begrenzen und besser kontrollieren, Lebendtiertransporte in Drittstaaten außerhalb der EU sollen ganz verboten werden.

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Die Covid-19-Pandemie hat deutlich gemacht, dass die Gesundheit von Umwelt, Tier und Mensch zusammengedacht werden und die- ser Planetary-Health-Ansatz zum Prinzip unseres Handelns werden muss. Der Raubbau an der Natur hat keine Zukunft. Die Pandemie basiert auf einer Zoonose, einer vom Tier auf den Menschen über- tragenen Infektionskrankheit. Solche Krankheiten werden immer häufiger, sie werden durch die fortschreitende Zerstörung der Natur und das Vordringen der Menschen in die letzten natürlichen Lebens- räume begünstigt. Dem gilt es überall auf der Welt entgegenzuwirken. Wildtiere gehören in die Wildnis, der Handel mit ihnen muss stren- ger reguliert, existierende Regularien müssen konsequent umgesetzt werden. In den Herkunftsländern müssen wirtschaftliche Alternativen aufgebaut werden. Wildtierhandel auf Online-Portalen und gewerb- lichen Börsen sowie kommerzielle Importe von Wildfängen und die Einfuhr von Jagdtrophäen müssen ganz verboten werden. Die Haltung von Tieren aus Wildtiernachzuchten sollte an eine Positivliste und einen Sachkundenachweis geknüpft werden, der sich an der Schwie- rigkeit der Haltung der jeweiligen Tierart bemisst. Auch die indust- rielle Tierhaltung kann zu Pandemien beitragen, wie sich an coronain-

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Kapitel 2: In die Zukunft wirtschaften

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Klimaneutralität ist die große Chance für den Industriestandort Deutschland. Grüne Technologien aus Deutschland werden weltweit nachgefragt. Beim erneuerbaren Wasserstoff sind wir Europäer*innen noch führend. Für große Teile der deutschen Industrie ist das Pariser Klimaabkommen fester Bestandteil der Planungen geworden, unter- nehmerische Investitionsstrategien sind auf Klimaschutz ausgerich- tet. Die meisten wissen, dass die Märkte der Zukunft klimaneutral sind. Und sie wissen: Deutschland kann so viel mehr. In den Unternehmen, den Köpfen und den Strukturen stecken die Innovationskraft und der Wille, in die Zukunft zu wirtschaften. Wir sehen, mit welcher Agilität Unternehmer*innen neue Ideen oder Geschäftsmodelle entwickeln und dabei auch ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden wol- len. Und wir sind überzeugt, dass das freie und kreative Handeln, die Dynamik eines fairen Wettbewerbs und die Stärke von gesellschaft- licher Kooperation innovativ Probleme lösen.

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Die Digitalisierung bedeutet einen weiteren großen Umbruch, der unsere Wirtschaft und die Gesellschaft maßgeblich prägt. Wir wollen die Digitalisierung gestalten und dafür sorgen, dass notwendige Inno- vationen in Europa entwickelt und marktfähig werden. Deutschland und Europa sollen auch bei Zukunftstechnologien die Spitze bean- spruchen. Dafür nutzen wir auch die Gestaltungsmöglichkeiten der deutschen G7-Präsidentschaft 2022.

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Allerdings steht die deutsche und europäische Wirtschaft unter gro- ßem Druck: Unser Industrieland muss sich im globalen Wettbewerb mit autoritärem Staatskapitalismus und weitgehend unregulierten Tech- giganten behaupten. Die Pandemie hat viele Wirtschaftszweige hart getroffen, einige Sektoren hatten schon zuvor die Transformation ver- schlafen. Die Klimakrise und die Endlichkeit von Ressourcen verlangen ein Umsteuern. Zugleich ist unser Verständnis von dem, was Wohlstand ist, im Wandel. Wenn wir es jetzt aber klug anstellen, können wir unser Wirtschafts- und Finanzsystem neu eichen. Dann können wir dafür sor-

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Unsere Sozialsysteme, den Arbeitsmarkt und die Staatsfinanzie- rung richten wir darauf aus, auch beim Wirtschaften innerhalb die- ser Grenzen stabil zu bleiben. Wir können eine sozial-ökologische Marktwirtschaft im Sinne des Gemeinwohls in Europa begründen, die Wohlstand mit Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit versöhnt und den Menschen dient. Sie ist Ausgangspunkt für eine neue wirtschaftli- che Dynamik, die zukunftsfähige Jobs schafft, im Handwerk, bei Start- ups oder in der Dienstleistungsbranche, die Lebensqualität sichert, uns Menschen freie Entfaltung ermöglicht und einen klimagerechten Wohlstand schaffen kann.

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Dafür ist eine Politik nötig, die will, die nach vorne führt und ver- lässlich steuert. Nicht weil der Staat besser wirtschaften kann, sondern weil die Wirtschaft klare Verhältnisse, verlässliche politische Rahmen- bedingungen und Anreize braucht. Nur dann haben Unternehmen Pla- nungssicherheit und wissen, dass sich klimaneutrales, nachhaltiges Wirtschaften lohnt. Und nur dann kann sich die Innovationskraft von Beschäftigten und Unternehmer*innen entfalten in einzelbetrieblich sinnvollen Entscheidungen für nachhaltigen Wohlstand.

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Ungeregelte Märkte können sehr viel zerstören. Wenn wir Märkte aber nachhaltig und sozial gestalten, können sie Innovationen ent- fachen, die wir für die Transformation brauchen. Damit das gelingt, stellen wir die Weichen konsequent auf Klimaneutralität und Kreis- laufwirtschaft und ermöglichen der Wirtschaft neue Spielräume innerhalb der planetaren Grenzen. Wir schaffen Anreize, streichen umweltschädliche Subventionen und setzen ordnungspolitische Regeln, damit nachhaltig produziert, gehandelt und konsumiert wird. Wir nutzen Konzepte wie Wachstum, Effizienz, Wettbewerb und Inno- vation als Mittel zum Zweck und bemessen klimagerechten Wohl- stand, das eigentliche Ziel von Politik, neu. Wir starten eine umfas- sende Investitionsoffensive, öffentlich wie privat, um dem immensen Investitionsstau in unserem Land zu begegnen und Klimaschutz, Digi- talisierung und Bildung deutlich zu stärken. Dafür setzen wir auf eine vorsorgende Haushaltspolitik.

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Wir gehen die Ungerechtigkeiten im Steuersystem entschlossen an und nutzen die Lenkungswirkung von Steuern für Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft. Wir sorgen dafür, dass sich sehr wohlha-

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bende und reiche Menschen und große Konzerne ihrer Verantwor- tung stärker stellen. Globale Konzerne sollen nicht mächtiger sein als Staaten – es gilt das Primat der demokratischen Politik zu behaup- ten. Wir wollen die enorme Kluft zwischen Arm und Reich verrin- gern, denn Gesellschaften, in denen die Ungleichheit gering ist, sind insgesamt zufriedenere Gesellschaften. Hohe Einkommen und Ver- mögen sollen deshalb mehr zur Finanzierung unseres Gemeinwe- sens beitragen und niedrige werden entlastet. Anhaltende schwere wirtschaftliche Ungleichgewichte in Europa und weltweit wollen wir ebenfalls helfen abzubauen, indem wir in Deutschland verstärkt öffentlich investieren und gute Löhne durchsetzen.

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Wirtschafts- und Finanzpolitik muss europäisch gemacht werden. Als Europäer*innen können wir mit unserem starken gemeinsamen Binnenmarkt internationale Standards setzen und Innovationen vor- antreiben. Solange es Wettbewerbsverzerrung gibt, braucht es auch den Schutz des EU-Binnenmarktes und vor allem der kritischen Infra- struktur. Zugleich setzen wir uns für eine gemeinsame strategische Außenwirtschaftspolitik ein, die Fairness zu einem Gebot des inter- nationalen Wettbewerbs und des freien Welthandels macht und welt- weit nachhaltiges und menschenrechtskonformes Wirtschaften beför- dert. Als Europäer*innen investieren wir gemeinsam in Klimaschutz, Forschung und den Wohlstand der Zukunft, den Weg dahin bereit ein Green New Deal. In einer Bundesregierung werden wir alles dafür tun, dass die Europäische Union der erste CO2-freie Wirtschaftsraum wird.

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So legen wir die Grundlagen dafür, dass Deutschland und Europa erfolgreiche Industriestandorte mit einem leistungsfähigen Mittel- stand, hoher Wertschöpfung, starkem Sozialstaat und guten Arbeits- plätzen bleiben – in traditionsreichen und innovativen Industrie- unternehmen, im Maschinenbau, in kleinen und mittelständischen Betrieben. Mit einer aktiven Wirtschafts- und Industriepolitik zeigen wir eine Richtung auf und bieten zukunftsfähigen Unternehmen gute Bedingungen. So machen wir aus der Marke „Made in Germany“ ein Gütesiegel für eine zukunftsfähige Wirtschaft in einem klimaneut- ralen und sozialen Europa. Außerdem fördern wir eine kooperative und fürsorgende Wirtschaftsweise. So entstehen viele Arbeitsplätze in regionalen Wertschöpfungsketten, gemeinwohlorientiert statt gewinnorientiert. Wir brauchen eine vielfältige Wirtschaft, die wider- standsfähig gegenüber Krisen wird.

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Nach der Corona-Pandemie braucht unser Land einen neuen wirt- schaftlichen Aufbruch. Das Beste, was die Politik dazu beitragen kann, ist, das zu tun, was sie die letzten zehn Jahre sträflich versäumt hat: in unsere gemeinsame Zukunft zu investieren. Nur wenn auch der Staat seinen Teil beiträgt, wenn öffentliche und private Investitio- nen gemeinsam auf ein Ziel ausgerichtet werden, wird Europa den Anschluss im Bereich moderner Zukunftstechnologien halten und sich im Wettbewerb mit den USA und China behaupten können. Wir starten in der nächsten Legislaturperiode eine Investitionsoffensive. Mit Investitionen in schnelles Internet, überall. Spitzenforschung vom Quantencomputer bis zur modernsten Biotechnologie. In klimaneut- rale Infrastrukturen, in Ladesäulen, einen Ausbau von Bahn-, Fuß- und Radverkehr, emissionsfreie Busse, in Energiespeichertechnologien, erneuerbare Energien und moderne Stadtentwicklung. Wir wollen, dass Deutschland bei den öffentlichen Investitionen im Vergleich der Industrieländer vom Nachzügler zum Spitzenreiter wird und in diesem Jahrzehnt pro Jahr 50 Milliarden Euro zusätzlich investieren. Diese Investitionen sollen auch dem Gender Budgeting unterliegen. So gelingt die sozial-ökologische Transformation, so schaffen wir nachhaltigen Wohlstand und sichern die Wettbewerbsfähigkeit unse- res Landes in einer handlungsfähigen Europäischen Union.

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Die Corona-Pandemie hat viele Unternehmen hart getroffen. Wäh- rend die einen sich hoch verschulden mussten, haben es andere nicht durch die Krise geschafft und mussten ihr Geschäft aufgeben. Beson- ders hart sind Restaurants, Gaststätten, Hotels, die Tourismus- und Veranstaltungsbranche, die Kulturwirtschaft, aber auch viele Einzel- händler*innen und Solo-Selbständige betroffen. Ein Neustart nach der Corona-Krise muss daher gezielt den besonders betroffenen Branchen

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Klimaschutztechnologien made in Germany

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Der globale Wettbewerb um die Technologien von morgen ist in vol- lem Gange. Made in Germany soll zukünftig nicht nur für Qualität, sondern noch stärker für nachhaltige und innovative Produkte und Prozesse stehen. Digitalisierung und Klimaneutralität müssen Staat und Unternehmen gemeinsam in Angriff nehmen. Während der Staat mehr öffentliche Investitionen realisiert, wollen wir zugleich Anreize für mehr Investitionen durch Unternehmen setzen. Dafür erweitern wir zielgerichtet die Spielräume für die Unternehmen: Investitionen sollen zeitlich befristet degressiv mit mindestens 25 Prozent abge- schrieben werden können. Die steuerliche Förderung von Forschung soll künftig gezielter an KMUs und Start-ups fließen, ihre Wirksamkeit wollen wir evaluieren und erhöhen. Öffentliche Investitionszuschüsse sollen gerade bei neuen Technologien eine Starthilfe geben; Klima- verträge helfen, dauerhafte Planungssicherheit für langfristige Klima- schutzinvestitionen zu geben.

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Um den Wohlstand von morgen zu sichern, brauchen wir eine neue Gründer*innenwelle. Mit einem Gründungskapital, das für Gründer*in- nen und Nachfolger*innen einen Einmalbetrag bis maximal 25.000 Euro sicherstellt, wollen wir dafür sorgen, dass keine gute Idee und kein Neustart an zu wenig Eigenkapital scheitert. Bedingung ist, dass die geförderte Gründung sich an den UN-Nachhaltigkeitszielen aus- richtet und eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durch Sachverständige durchgeführt wird. Gründer*innen sollen es leicht haben: Statt sich durch ein Verwaltungsdickicht quälen zu müssen, sollen sie Infor- mation, Beratung und die Möglichkeit zur Anmeldung in einer zen- tralen Anlaufstelle erhalten – überall in Deutschland. In den ersten zwei Jahren sollen sie weitgehend von Melde- und Berichtspflichten befreit werden. Frauen sind bei Gründungen und Nachfolgen noch unterrepräsentiert, sie wollen wir gezielt fördern mit einem staat- lichen Wagniskapitalfonds nur für Frauen. Vergabe- und Auswahl- gremien besetzen wir paritätisch. Hürden sollten auch für Menschen mit Migrationsgeschichte abgebaut werden, hier lässt unser Land ein riesiges Potenzial brachliegen. Bei der öffentlichen Vergabe beziehen wir Start-ups besser ein und vereinfachen dafür Vergabeverfahren und Regeln zur Eignungsprüfung. Wir werden die Mitarbeiterbeteili- gung breiter zugänglich machen und erleichtern. Immer mehr Start- ups wollen mit digitalen Lösungen das Gemeinwohl stärken. Dazu integrieren wir sozial-ökologische Kriterien stärker in die bestehende Gründungsfinanzierung.

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Fairer Wettbewerb um klimaneutrale Industrietechnologien

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Die energieintensiven Industrien – Stahl, Zement, Chemie – stehen für 15 Prozent des deutschen CO2-Ausstoßes. Zugleich bieten sie hun- derttausende gute Arbeitsplätze und sind ebenso Eckpfeiler unseres Wohlstandes. Wir wollen diese Industrien zum Technologievorreiter bei der Entwicklung klimaneutraler Prozesse machen. Der Maschi- nenbau kann beim weltweiten Einsatz grüner Technologien made in Germany eine Schlüsselrolle einnehmen. So bekämpfen wir die Kli- makrise und tragen zur Sicherung des deutschen Industriestandorts bei. Damit die Investitionen schon heute in auch langfristig klima-

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verträgliche Anlagen fließen können, fördern wir mit Investitionszu- schüssen und degressiven Abschreibungen direkt die Transformation. Mit dem Abbau von Hürden bei der grünen Eigenstromversorgung und einem zunehmenden Einsatz von grünem Wasserstoff treiben wir die Dekarbonisierung der Prozesse voran. Klimaverträge (Carbon Contracts for Difference), die die Differenz zwischen dem aktuellen CO2-Preis und den tatsächlichen CO2-Vermeidungskosten finanzie- ren, sorgen für Investitionssicherheit. Und mit Quoten für den Anteil CO2-neutraler Grundstoffe schaffen wir Leitmärkte für CO2-freie Pro- dukte. Pilotanlagen für noch nicht marktreife emissionsarme Techno- logien wollen wir besonders fördern. Und sofern möglich, sollte das Ziel sein, dass neue Industrieanlagen bereits emissionsfrei betreib- bar gebaut bzw. exportiert werden. Bei der Transformation der Che- mieindustrie setzen wir auf neue innovative Produkte, Prozesse und Verfahren, die neben der Treibhausgasneutralität auch die Kreislauf- wirtschaft fördern, die Effizienz steigern, Emissionen und Abfälle von vornherein vermeiden und uns unabhängig von fossilen Rohstoffen wie Erdöl oder Erdgas machen.

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Die Automobilindustrie steht vor gewaltigen Umbrüchen. Weltweit läuft der Wettbewerb um das emissionsfreie und digitale Auto der Zukunft. Nach Jahren des Stillstands hat sich auch die Branche in Deutschland endlich auf den Weg gemacht. Jetzt braucht es Entschlos- senheit und Zusammenarbeit, um zukunftsfähige Arbeitsplätze und klimagerechte Wertschöpfung in der Autoindustrie zu schaffen. Die Transformation der Automobilwirtschaft hin zum wichtigen Akteur für nachhaltige Mobilität ist notwendig. Der Politik kommt dabei eine zentrale Rolle zu, sie muss den Rahmen setzen und den Trans- formationsprozess gestalten. Klar ist dabei: Der Verbrennungsmotor hat keine Zukunft. Wir wollen ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos neu zulassen. Zudem wollen wir auch in der Autoindustrie Standards für eine Kreislaufwirtschaft und klimaneutrale Produktion sowie die Dekarbonisierung im Stahlbereich setzen, sodass der ökologische Fußabdruck der Fahrzeuge immer kleiner wird. Wir unterstützen diese Transformation mit Forschungs- und Innovationsförderung für alle Technologieoptionen und wollen den schnellen Aufbau der Ladesäu-

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leninfrastruktur und den Markthochlauf von emissionsfreien Fahrzeu- gen im Rahmen eines kostenneutralen Bonus-Malus-Systems fördern. Die Potenziale neuer Mobilitätsdienstleistungen und des autonomen Fahrens für den Industriestandort und auch für Klimaschutz und Ver- kehrssicherheit wollen wir dabei heben. Zudem gilt es, die Chancen für Wertschöpfung und Arbeitsplätze der Mobilitätswende in den Blick zu nehmen: von neuen Jobs im ÖPNV bis zur Fahrzeugproduktion. Wich- tig ist zudem, dass Deutschland und Europa schnell den Anschluss bei der Batteriezellenproduktion finden. Gerade für die Batterien der nächsten Generation, die günstiger und ressourcensparender sind, wollen wir in Europa eine eigene, nachhaltige Batteriezellenproduk- tion schaffen, zu der ein wirksames Recyclingsystem gehört sowie die Forschung und Entwicklung der nächsten Batteriegeneration. Dazu setzen wir auf klare Vorgaben bei den Ökostandards und ein umfas- sendes Forschungs- und Förderprogramm. Wir wollen die besonders betroffenen Autoregionen mit regionalen Transformationsdialogen und -fonds unterstützen. Damit erhalten wir die Wertschöpfungskette im Mittelstand und sichern Arbeitsplätze vor Ort. Die Beschäftigten der Automobilindustrie und ihrer Zulieferer wollen wir mit Qualifizie- rungsangeboten und Weiterbildung unterstützen.

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Erneuerbare Energien made in Europe: Schlüsselbranche für den Klimaschutz

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Um klimaneutral zu werden, brauchen wir vor allem eins: richtig viel erneuerbare Energien. Um die Anlagen dafür bauen zu können, wollen wir nicht komplett von außereuropäischen Lieferanten abhängig sein und so in die nächste Importabhängigkeit geraten. Die gute Nachricht ist: Noch gibt es Hersteller von wichtigen Komponenten wie Windrä- dern und Wechselrichtern in Europa und auch für die enorm wichtige PV-Modul-Produktion gibt es wieder erste Investitionen in Produk- tionskapazitäten. Zahlreiche Innovationen in der Photovoltaik deuten darauf hin, dass das Potenzial dieser Technologie bei weitem nicht ausgeschöpft ist. Die deutsche Solarindustrie soll zur Impulsgeberin werden. Diese Entwicklung wollen wir mit gezielten Investitionshil- fen unterstützen.

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Kreislaufwirtschaft zum Standard machen, Reparatur- und Recyclingindustrie voranbringen

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Müll ist ein Designfehler und eine Verschwendung wichtiger Ressour- cen und Rohstoffe – die endlich sind und uns abhängig machen. Auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft brauchen wir eine neue Rohstoff- politik, die den Einsatz von Primärrohstoffen reduziert, fossile durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt und die globale Rohstoffgewin- nung an hohe Transparenz-, Sozial- und Umweltstandards bindet. Bei der Gewinnung heimischer Rohstoffe wollen wir den Dialog zwischen den beteiligten Akteuren forcieren. Ob Verpackung, Gebäude, Auto oder Laptop – wir schaffen die gesetzlichen Rahmenbedingungen und ökonomischen Anreize dafür, dass alle Produkte lange verwen- det, wiederverwendet, gemeinsam genutzt, repariert und hochwertig recycelt werden können. Im Ergebnis heißt das bis spätestens 2050: kein Müll mehr, Schluss mit geplantem Verschleiß, dafür mehr grüne Jobs vor Ort in einer neuen europäischen Reparatur- und Recyclingin- dustrie, die die Abhängigkeit von endlichen Ressourcen und Rohstoff- importen verringert. Den Weg dorthin weisen wir mit verbindlichen Herstellerverpflichtungen, ambitionierten Recyclingquoten, Steuer- und Abgaberegelungen, Normen und Standards und gezielten För- derprogrammen. Bis 2030 werden wir alle Güter und Materialien, die

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auf den Markt kommen, mit einem digitalen Produktpass ausstatten, der Unternehmen und Verbraucher*innen alle für sie wichtigen Infor- mationen über Design, CO2-Fußabdruck, Reparierbarkeit und Materia- lien bereitstellt, die für eine klimaneutrale Kreislaufwirtschaft nötig sind. Effizienter Materialeinsatz und Kreislaufwirtschaft reduzieren den Energiebedarf und tragen wesentlich zum Gelingen der Energie- wende bei.

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An unseren Hochschulen und Forschungseinrichtungen wird nach höchsten Standards geforscht. Vielversprechende Forschungsergeb- nisse – gerade auch aus der Grundlagenforschung – müssen aber noch öfter in die Praxis gelangen. Die Impfstofferfolge machen dabei Mut: Eine völlig neue Technologie ermöglichte in Rekordzeit die Ent- wicklung und Produktion gleich mehrerer Corona-Impfstoffe. Struk- turelle Hemmnisse verhindern aber immer noch Ausgründungen. Die bestehenden Förderprogramme zum Transfer in die Anwendung rei- chen nicht aus. Wir wollen den Ausbau von Förderprogrammen für Hightech-Start-ups, Gründungszentren und Entrepreneurship-Ausbil- dungen vorantreiben. Die stille Beteiligung der öffentlichen Institu- tionen soll zum neuen Ausgründungsstandard werden. Zudem wollen wir die Entwicklung von Impfstoffen, Medikamenten und Medizinpro- dukten stärker fördern. Wenn sie mit einem erheblichen Anteil öffent- licher Gelder erforscht und entwickelt werden, sind an die Förderung klare Bedingungen bezüglich der Transparenz der Forschungskosten, fairer Preisgestaltung und weltweit gerechten Zugangsmöglichkeiten zu knüpfen. Zusätzlich setzen wir uns für eine mittelfristige Verein- heitlichung des Gründungs- und des Gesellschaftsrechts innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums ein.

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Deutschland ist vielfältig, seine Führungsetagen sind es (noch) nicht. Dabei führen diverse Teams Unternehmen erfolgreicher. Die Vielfalt der deutschen Gesellschaft muss sich deshalb auch dringend in den Führungs- und Entscheidungsgremien und der Wirtschaft abbilden.

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Obwohl Frauen mindestens gleich gut qualifiziert sind wie Män- ner, fehlen sie dort. Unser Ziel ist und bleibt: die Hälfte der Macht den Frauen. Freiwillige Regelungen haben nichts gebracht. Deshalb brauchen wir Quoten, die wirklich die kritische Masse herstellen, um zu unserem Ziel von 50 Prozent Frauenanteil zu gelangen. So soll zukünftig verpflichtend mindestens ein Drittel der Vorstandssitze grö- ßerer und börsennotierter Unternehmen bei Neubesetzung an Frauen gehen. Um das zu erleichtern, wollen wir auch Hindernisse wie feh- lende Elternzeitregelungen im Aktienrecht beseitigen. Die Aufsichts- räte dieser Unternehmen sollen bei Neubesetzungen verpflichtend einen Frauenanteil von mindestens 40 Prozent anstreben. Unter- nehmen, die in der Hand des Bundes sind oder an denen der Bund beteiligt ist, Ministerien und Behörden sollen mit klaren Plänen für paritätische Betriebsstrukturen als gutes Beispiel vorangehen. Karrie- reförderung beginnt nicht erst an der Spitze. Wir setzen uns deshalb dafür ein, in Unternehmen und Organisationen Hürden für den Auf- stieg von Frauen abzubauen. In Ministerien, Verwaltungen, Anstalten des öffentlichen Rechts, kommunalen Verbänden und kommunalen Unternehmen werden perspektivisch ebenfalls 50 Prozent Frauen in Führungspositionen angestrebt. Die Wirtschaftsförderung wollen wir geschlechtergerechter ausgestalten und Frauen dort, wo sie unter- repräsentiert sind, mit gezielten Maßnahmen fördern, zum Beispiel durch einen staatlichen Wagniskapitalfonds nur für Gründerinnen.

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derprogramme und Investitionszuschüsse wollen wir nachhaltig aus- gestalten und dafür sorgen, dass sie vor allem KMUs zugutekommen. Dafür sollen sie deutlich einfacher zu beantragen und zu dokumen- tieren sein. Außerdem sollen passgenaue Beratungen für Klimaschutz und Digitalisierung gefördert werden, auch über längere Zeiträume. Die Förderung regionaler Innovationsökosysteme aus Hochschulen, Mittelstand und Zivilgesellschaft wollen wir durch die Gründung einer eigenständigen Innovationsagentur (D.Innova) konsequent stärken. Ausgerichtet an den globalen Nachhaltigkeitszielen soll die D.Innova solche Innovationsnetzwerke systematisch, proaktiv und flexibel för- dern – von Aachen bis Anklam, von Flensburg bis Füssen. Wir wollen die regionale Wirtschaft mit den vor Ort agierenden Unternehmen, Wertschöpfungsketten und Produkten stärken und setzen auf klar defi- nierte regionale Kennzeichnungen und Förderkonzepte.

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Mit der Immobilienspekulation sind in den Städten vielfach auch die Gewerbemieten wirtschaftlich unverträglich angestiegen und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Viele kleine Händler*innen und Gewerbetreibende werden verdrängt. Wir wollen, dass kleine und mittlere Unternehmen, genau wie soziale Einrichtungen, dauerhaft einen verbesserten Kündigungsschutz bekommen und mehr Rechte, befristete Mietverträge zu angemessenen Bedingungen zu verlän- gern. Darüber hinaus streben wir die Einführung einer Gewerbemiet- preisbremse an, die in Städten mit angespanntem Gewerberaummarkt die Begrenzung von Gewerbemieten erlaubt.

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Das Handwerk ist in unserem Alltag überall präsent und unverzicht- bar. Es zeichnet sich durch eine große Heterogenität aus: vom Hei- zungsinstallateurbetrieb bis zur Bäckerei, vom mittelständischen Unternehmen mit hunderten Beschäftigten bis zum Kleinstbetrieb. Es ist einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren in Deutschland. Das Handwerk bietet in einer nachhaltigen Wirtschaft krisensichere Arbeitsplätze und trägt entscheidend zur ökologischen Wende bei. Es bietet auch im ländlichen Raum jungen Menschen eine Perspek- tive. Gerade für sie liegen in der ökologischen Transformation riesige Chancen – von der Gebäudesanierung bis zum Heizungstausch. Durch Bürokratieabbau, die Unterstützung bei Nachfolgen und die gezielte Förderung der Ausbildung im Handwerk wollen wir die Rahmenbe- dingungen verbessern. Oberstes Ziel ist der Erhalt und die Zukunfts- fähigkeit der Betriebe. In verschiedenen Bereichen wie dem Gebäu- debereich bedarf es auch der deutlichen Aufstockung der Anzahl der Aus- und Weitergebildeten. Damit Handwerksberufe noch attraktiver werden, setzen wir auf eine stärkere Tarifbindung, branchenspezifi- sche Mindestvergütungen und mehr Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Ausbildung. Die Durchlässigkeit vom Studium zum Handwerk und zurück sollte selbstverständlich werden, genauso wie internationaler Austausch und Zugang zu Stipendien.

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Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist eine der am meisten unter- schätzten Branchen in Deutschland. Vor Corona erzielten die über 1,2

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Millionen Kreativen und Kulturschaffenden allein im Jahr 2019 einen Umsatz von knapp 180 Milliarden Euro – mehr als beispielsweise die chemische Industrie oder Finanzdienstleister. Doch die Kultur- und Kreativwirtschaft ist durch die Corona-Krise existenziell bedroht, besonders auch kleinere Betriebe wie unabhängige Verlage, Privat- theater, Programmkinos, kleine Clubs und Veranstaltungsorte. Nur mit gezieltem Schutz und verbesserter Förderung werden wir große Teile unseres kulturellen Lebens vor dem Wegbrechen retten können. Wir erweitern den Innovationsbegriff in den Programmen zur Existenz- gründungsförderung, sodass davon auch die Kultur- und Kreativwirt- schaft profitiert. Förderprogramme schneiden wir spezifisch auf die Bedürfnisse der Kultur- und Kreativwirtschaft zu und wir bauen die Gründungsförderung aus der Arbeitslosigkeit bedarfsgerecht aus.

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Der Tourismuswirtschaft nachhaltig auf die Beine helfen

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Die Reise- und Tourismuswirtschaft – ein zentraler Wirtschaftsfak- tor und millionenfache Arbeitgeberin – ist durch die Corona-Krise schwer getroffen. Wir wollen ihr wieder auf die Beine helfen und zugleich den Nach-Corona-Tourismus klimaschonender, ökologischer und sozial nachhaltiger gestalten. Ein ökologisch und sozial blin- der Massentourismus mit klimaschädlichen Kreuzfahrtschiffen, end- loser Müllproduktion und riesigem Ressourcenverbrauch hat keine Zukunft. Im Gegenteil, die Kreuzschifffahrt muss endlich ihren Bei- trag leisten über neue Antriebe, die Verwendung von Landstrom und bessere Umweltstandards. In einem nachhaltigen Tourismus liegen hingegen riesige Chancen. Nachhaltigen oder sanften Tourismus wollen wir gerade in ländlichen Regionen gezielt entwickeln, zum Beispiel durch den Ausbau touristischer Rad- und Wasserwege. Mit einem Shelter-System wie in Dänemark wollen wir Natur für alle erlebbar machen. Zugleich sollen Nationalparks, Biosphärenreser- vate und Naturschutzgebiete durch einen regulierten Tourismus nachhaltig geschützt werden. Die Bahn soll zum Tourismus-Reise- mittel Nummer 1 werden – durch ein europäisches Nachtzugnetz und die gezielte Anbindung touristischer Regionen an das Bahnnetz. So kann der Tourismus dabei mithelfen, eine Welt zu erhalten, die es sich auch in Zukunft noch zu bereisen lohnt.

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Wohlstand definiert sich nicht allein durch Wachstum des BIP, son- dern lässt sich viel breiter als Lebensqualität verstehen. Wir wollen den Erfolg Deutschlands und der Unternehmen neben ökonomischen auch anhand inklusiver, sozialer, ökologischer und gesellschaftlicher Kriterien messen und die politischen Leitplanken wie Anreize und Wirtschaftsförderung entsprechend neu ausrichten. Dafür soll in Zukunft gemeinsam mit dem Jahreswirtschaftsbericht ein Jahreswohl- standsbericht veröffentlicht werden. Dieser berücksichtigt dann zum Beispiel auch den Beitrag des Naturschutzes, einer gerechten Ein- kommensverteilung oder auch guter Bildung zum Wohlstand unserer Gesellschaft. Entsprechend ändern wir die Erfolgsmessung auf Unter- nehmensebene und ergänzen die Bilanzierungsregeln um soziale und ökologische Werte, wie beispielsweise ihre Treibhausemissionen, und setzen uns auch bei internationalen Vorschriften dafür ein. So errei- chen wir endlich einheitliche Regelungen für die Messung von nach- haltigem unternehmerischem Erfolg und leisten einen wichtigen Bei- trag dazu, dass im Wettbewerb Nachhaltigkeit nicht mehr wie heute eher bestraft, sondern positiv angereizt wird.

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Mit dem Europäischen Green Deal hat die EU-Kommission ein Pro- gramm vorgelegt, um die Europäische Union zum ersten klimaneu- tralen Kontinent zu machen. Es umfasst Gesetzesvorschläge in den Bereichen Klima- und Umweltschutz sowie für eine gestärkte Wett- bewerbsfähigkeit, Energiesicherheit und Innovationsdynamik einer dekarbonisierten europäischen Wirtschaft. Wir setzen uns für eine ambitionierte Ausgestaltung und eine ehrgeizige Umsetzung auf allen Ebenen ein. Wir machen weiter Druck, damit die ökologische Wende dazu beiträgt, Ungleichheit zu verringern. Dafür wollen wir den Just Transition Fund aufstocken und ausbauen. In der Landwirtschaftspoli-

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tik kämpfen wir dafür, dass die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik und ihre Umsetzung unter die Ziele des Green Deal und des Pariser Klimaabkommens gestellt werden, da sie immense Auswirkungen auf Umwelt- und Artenschutz entfalten. In der Handelspolitik wollen wir Umwelt- und Sozialkapitel von zukünftigen Handelsverträgen rechts- verbindlich und sanktionierbar machen.

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Wir wollen die Bereiche der Wirtschaft stärken, in denen langfristige Nachhaltigkeit mehr zählt als kurzfristige Rendite, und die oft auch einen Beitrag zur Demokratisierung der Wirtschaft leisten. Wir unterstützen daher einerseits Genossenschaften, da sie krisenfester und gemein- wohlorientierter als andere Rechtsformen sind. Andererseits fördern wir Sozialunternehmen, weil sie gesellschaftliche Anliegen mit unter- nehmerischem Handeln direkt mit sozial-ökologischen Zielen verbin- den. Und wir begrüßen das Konzept der Gemeinwohlökonomie, weil es

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die Idee des Gemeinwohls in die privatwirtschaftliche Breite trägt. Wir schaffen zielgruppenspezifische Finanzierungsinstrumente und wollen die Programme der klassischen Gründungs- und Innovationsfinanzie- rung ausweiten. Unser Ziel ist eine Gründungswelle neuer Genossen- schaften und von sozial-ökologisch inspirierter und am Gemeinwohl orientierter Unternehmen. Dazu werden wir die Rahmenbedingungen für ihr Wirtschaften systematisch verbessern und bestehende Benach- teiligungen beseitigen. Den Gründungszuschuss der Arbeitsagenturen wollen wir nicht allein vom wirtschaftlichen Gewinn, sondern auch von sozial-ökologischen Wirkungskriterien abhängig machen. Nicht genutzte Guthaben auf verwaisten Konten wollen wir – sofern keine Erbansprüche vorhanden sind – für einen Fonds nutzen, der zielgerich- tet in nachhaltige und soziale Innovationen investiert.

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Wir müssen nicht nur technologisch exzellent sein, sondern bahnbre- chende Technologien auch in neue Geschäftsmodelle, Märkte, Dienst- leistungen und Produkte umwandeln können. Fördermöglichkeiten und Netzwerke für Start-ups und junge Unternehmen auf nationa- ler und europäischer Ebene können den Unterschied zwischen einer guten Idee auf dem Flipchart und einem weltweit erfolgreichen Unter- nehmen ausmachen. Ein staatlicher Wagniskapitalfonds kann helfen, unseren Gründer*innen dauerhaft eine Heimat zu geben. Wir fordern, noch mehr und noch schneller zu investieren. Dieser Zukunftsfonds soll verstreute Förderangebote bündeln und ein Vielfaches an privaten Geldern hebeln. Gleichzeitig sollte auch ein funktionierender Sekun- därmarkt für Direktinvestitionen und Anteile an Wagniskapitalfonds aufgebaut werden, etwa durch eine Co-Investing-Plattform. Die Mis- sion des Zukunftsfonds ist Nachhaltigkeit. Er finanziert insbesondere Projekte in Bereichen wie Greentech, Künstlicher Intelligenz, nach- haltiger Mobilität, Bioökonomie und Zirkulärwirtschaft, die wegen ihres Risikoprofils keine einfache Finanzierung am Markt bekommen. Wir wollen Finanzierungsformen gezielt für Gründungen von Start- ups der Green Economy anpassen und Barrieren beim Zugang zu Auf- trägen der öffentlichen Beschaffung abbauen. Regionale Greentech- Hubs wollen wir fördern, um die Zusammenarbeit zwischen Start-ups und etablierten Unternehmen zu erleichtern.

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Geschlechtervielfalt in der Digitalwirtschaft

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Handel ist eine wichtige Grundlage unseres Wohlstandes: Fairer Han- del trägt zur Vertiefung internationaler Partnerschaften und damit auch zu einer sicheren Welt bei. Gerade in Zeiten, die zunehmend unter den Vorzeichen eines Systemwettbewerbs zwischen demokra- tischen und autoritären Staaten stehen, setzen wir auf eine proak- tive Handelspolitik. Wir wollen einen multilateralen Welthandel und Handelsabkommen, die dem Wohlstand aller Menschen dienen, die Umwelt- und Klimaschutz sowie die Einhaltung der Menschenrechte einfordern und die Beziehungen mit unseren Partner*innen im Einsatz

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für Demokratie und Freiheit stärken. Eine Zersplitterung von Handels- beziehungen erschwert ein internationales Miteinander. Eine nach- haltig und fair reformierte Welthandelsorganisation (WTO) muss zu einer echten globalen Partnerschaft beitragen. In einem ersten Schritt wollen wir die WTO-Berufungsinstanz zur Streitbeilegung wiederbe- leben, um die Multiplizierung von Handelskonflikten nach dem Recht des Stärkeren einzudämmen. Die Chance, mit der neuen US-Adminis- tration die Handelskonflikte beizulegen und einen transatlantischen Markt für klimaneutrale Produkte zu schaffen, wollen wir ergreifen. Abkommen mit negativen Auswirkungen auf die Umwelt oder die Ernährungssouveränität wie das EU-Mercosur-Abkommen mit latein- amerikanischen Staaten lehnen wir ab. Die Europäische Union kann aufgrund des großen gemeinsamen Binnenmarktes selbstbewusst in Handelsverhandlungen gehen. Europäische Handelsverträge müssen verbindliche und durchsetzbare Menschenrechts-, Umwelt- und Sozi- alstandards enthalten und Marktöffnungen im Dienstleistungsbe- reich grundsätzlich nur in Positivlisten regeln. Dazu zählt, das Pariser Klimaschutzabkommen sowie ILO-Kernarbeitsnormen zur Bedingung und einklagbar zu machen. Das europäische Vorsorgeprinzip ist stets zu wahren. Gute Handelspolitik muss die kommunale Daseinsvorsorge und die Möglichkeit der Rekommunalisierung ausreichend schützen. Handelsabkommen sollten nicht nur Rechte für Unternehmen, son- dern auch ihre Pflichten regeln. Deshalb setzen wir uns für einen multilateralen Handelsgerichtshof bei den Vereinten Nationen ein, der beides abdeckt. Internationale Konzerne dürfen durch Handels- und Investitionsklagen nicht noch mächtiger werden, daher lehnen wir Klageprivilegien oder eine Sonderjustiz für ausländische Inves- tor*innen ab. Wir wollen, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten aus dem vollkommen aus der Zeit gefallenen Energiecharta-Vertrag aus- steigen, auch um die Ziele des Green Deal der EU nicht zu gefährden. Wir lehnen Handelsabkommen ab, die Klima, Umwelt und Verbrau- cher*innen nicht ausreichend schützen. Das CETA-Abkommen werden wir deshalb in seiner jetzigen Fassung nicht ratifizieren. Wir werden so sicherstellen, dass die gefährlichen Investor-Staat-Schiedsgerichte nicht zur Anwendung kommen. Auch an den derzeit vorläufig ange- wendeten Teilen von CETA üben wir erhebliche Kritik. Wir wollen das Abkommen gemeinsam mit Kanada weiterentwickeln und dadurch neu ausrichten. Wir wollen insbesondere die demokratische Kontrolle

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bei der regulatorischen Kooperation verbessern. Hier muss das Euro- paparlament künftig besser eingebunden werden. Zudem braucht es stärkere Regelungen zu Umwelt-, Klima- und Verbraucherschutz und die Sicherung des europäischen Vorsorgeprinzips. Das EU-China- Investitionsabkommen, das maßgeblich von der deutschen Bundes- regierung vorangetrieben wurde, ist in den Bereichen Level Playing Field und Menschenrechte unzureichend. Wir können ihm in seiner jetzigen Form nicht zustimmen.

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Aktive Außenwirtschaftspolitik und fairer Wettbewerb

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Um legitime Sicherheitsinteressen zu schützen und gleiche Wettbe- werbsbedingungen für alle Marktteilnehmer*innen durchzusetzen, muss die EU reagieren, wenn aus Drittländern mit unfairen Mitteln auf dem EU-Binnenmarkt agiert wird, sowie eine aktive Außenwirt- schaftspolitik betreiben. Anti-Dumping- und Anti-Subventions-Instru- mente müssen weiterentwickelt werden, um ein Level Playing Field auf globalen Märkten zu erreichen. Die Anti-Dumping-Regeln müssen noch stärker als bisher auch bei Dumping durch niedrige ökologi- sche und soziale Standards anwendbar sein. Durch eine Reform des EU-Beihilferechts können Wettbewerbsverzerrungen durch staatlich geförderte Konzerne aus anderen Weltregionen verhindert werden. Der EU-Prüfmechanismus für ausländische Direktinvestitionen muss verbessert werden, um zu verhindern, dass europäische Unterneh- men von hochsubventionierten ausländischen Firmen übernommen werden, und ein neues EU-Instrument gegen wirtschaftlichen Zwang soll der EU helfen sich gegen rechtswidrigen ökonomischen Druck von außen zu wehren. Die deutsche Außenwirtschaftsförderung und ihre Instrumente müssen in Zukunft – anstelle von fossilen Anlagen und Kraftwerken – Hidden Champions unterstützen, die beispiels- weise Hightech für bessere Umwelt- und Lebensbedingungen her- stellen. Dazu müssen sie konsequent am 1,5-Grad-Ziel, an der Agenda für nachhaltige Entwicklung und an Menschenrechten ausgerichtet werden. Mit der EU-Kommission setzen wir uns für einen Grenzaus- gleich von CO2-Kosten ein, damit ambitionierter Klimaschutz nicht zum Wettbewerbsnachteil wird. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die EU mit den Einnahmen aus diesem Grenzausgleich auch ärmere Handelspartnerländer bei der Dekarbonisierung unterstützt.

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Die Entwicklungschancen der Länder des globalen Südens sind stark davon abhängig, wie fair die Handelspolitik gestaltet wird. Fairer Han- del muss zum Standard werden, auch um postkoloniale Kontinuitäten zu durchbrechen. Dieser muss sich am Pariser Klimaabkommen, an der Agenda für nachhaltige Entwicklung sowie an den UN-Kernmen- schenrechtsverträgen orientieren. Bestehende Fair-Handels-Initiati- ven müssen gefördert werden. Es braucht im Sinne einer nachhalti- gen globalen Strukturpolitik dringend eine gerechte Handelspolitik mit den Ländern des globalen Südens, die regionale Wertschöpfung, regionalen Handel und Integration fördert und ihnen genügend Raum lässt, durch Zölle und Quoten ihre Märkte zu schützen sowie durch Exportsteuern die Ausfuhr heimischer Rohstoffe zu beschränken. So wird der Aufbau heimischer Industrien gefördert. Zölle für Länder des globalen Südens auf verarbeitete Produkte sollen gesenkt bzw. abge- schafft werden. Eine Instrumentalisierung der Entwicklungszusam- menarbeit zur Flüchtlingsabwehr lehnen wir ab.

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Viel zu oft kaufen wir Dinge, deren Herstellung auf dem Raubbau an Mensch und Natur basiert, obwohl wir das gar nicht wollen. Damit Unternehmen künftig Umwelt- und Sozialstandards, Menschenrechte sowie Klima- und Artenschutz entlang der gesamten internationa- len Wertschöpfungskette durchsetzen, braucht es ein verbindliches und wirksames Lieferkettengesetz auf nationaler wie europäischer Ebene. Zudem schafft ein solcher verbindlicher Rahmen gleiche Wett- bewerbsbedingungen am Markt und er schafft Rechtssicherheit. Den Kern einer solchen Regelung stellt eine zivilrechtliche Haftung dar, auf deren Grundlage Unternehmen im Schadensfall zur Verantwortung gezogen werden können. Nachbesserungen am deutschen Lieferket- tengesetz sind dringend notwendig, zum Beispiel eine Ausweitung der erfassten Unternehmen, aber auch eine Erweiterung der umwelt- bezogenen Sorgfaltspflichten. Darüber hinaus setzen wir uns auch auf europäischer Ebene für eine ambitionierte, verbindliche Regelung in internationalen Lieferketten ein. Waren, deren Herstellung mit schwe-

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ren Menschenrechtsverletzungen wie zum Beispiel Kinder- oder Zwangsarbeit im Zusammenhang steht, soll der Zugang zum EU-Bin- nenmarkt verwehrt werden. Auf EU-Ebene werden wir uns zudem für einen Importstopp für Agrarprodukte einsetzen, die im Zusammen- hang mit illegaler Entwaldung und Menschenrechtsverletzungen wie Vertreibung stehen. Weltweit wird Wald, insbesondere so wichtiger Tropen-, Ur- und Mangrovenwald, mit fortschreitender Geschwindig- keit abgeholzt und abgebrannt – vor allem für die agrarindustrielle Produktion wie den Anbau von Soja und Palmöl, für Bergbau oder Holzeinschlag. Ein Großteil der Güter wird in die EU importiert. Die EU-Holzhandelsverordnung wollen wir stärken, die Verwendung von Soja und Palmöl als Kraftstoff jetzt stoppen und Strategien zur Reduk- tion von Palmöl und Soja in anderen Bereichen voranbringen. Wir schützen hier und weltweit den Wald, fördern die Wiederbewaldung und Renaturierung zerstörter Flächen und wollen dazu Verträge und Partnerschaften mit entsprechenden Ländern schließen. Wir setzen uns zudem für gentechnikfreie Lieferketten ein. Auf internationaler Ebene muss die Erarbeitung eines rechtsverbindlichen UN-Abkom- mens zu Wirtschaft und Menschenrechten (Binding Treaty) vorange- trieben werden.

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Im Kampf gegen die Klimakrise und beim sozial-ökologischen Umbau unserer Wirtschaft spielt das Finanzsystem eine bedeutende Rolle. Noch immer werden Milliarden in fossile Energien und Geschäftsmo- delle, die auf der Zerstörung der Ökosysteme und der Verletzung der Menschenrechte aufbauen – und damit gegen unsere Zukunft –, inves- tiert. Wir werden durchsetzen, dass sich die öffentliche Hand voll- ständig aus diesen Investitionen zurückzieht, wenn weiterhin keine verlässlichen Schritte für eine nachhaltige Transformation der dahin- terstehenden Unternehmen eingeleitet werden. Öffentlich-rechtliche Banken, Versicherer und Pensionsfonds sowie der Bund als Investor

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und Miteigentümer von Unternehmen müssen eine Vorreiterrolle bei der grünen Finanzwende und der Transformationsfinanzierung ein- nehmen. Klima- und Umweltrisiken sollen offengelegt und bei Ban- ken und Versicherungen mit Eigenkapital unterlegt werden sowie bei Ratings berücksichtigt werden. Alle Anlagen, nicht nur grüne, müs- sen eine Nachhaltigkeitsbewertung haben, die für alle Anleger*in- nen transparent ist. Dabei sind neben den Klimazielen auch andere Umweltwirkungen, Menschenrechte, Arbeitsnormen und Entwick- lungsziele zu berücksichtigen. Dafür braucht die BaFin eine robuste ESG-Aufsichtskompetenz gemäß der Sustainable-Finance-Regulie- rung. Auch in die Anlageberatung muss diese Bewertung einfließen. Zum Schutz des Klimas, aber auch zum Schutz der Anleger*innen, brauchen wir eine einheitliche Zertifizierung nachhaltiger Finanzpro- dukte auf europäischer Ebene. So sorgen wir dafür, dass Kapital von schmutzigen in grüne und nachhaltige Investitionen umgelenkt wird. Atomkraft ist keine grüne Geldanlage.

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Beim Bilanzskandal Wirecard sind die zuständigen Wirtschaftsprü- fer*innen und die staatliche Aufsicht an ihrer Aufgabe gescheitert. Erst nachdem ein neues Unternehmen auf die Bilanzen geblickt hatte, wurde ordentlich geprüft, während man die Jahre davor immer wieder Bilanzen durchwinkte, um die eigenen Versäumnisse der Vorjahre zu vertuschen. Wir wollen, dass Unternehmen in der Regel nach sechs Jahren ihre Wirtschaftsprüfer*innen wechseln müssen. Wirtschafts- prüfungsgesellschaften dürfen nicht gleichzeitig Unternehmen bera- ten, die sie prüfen. Die Aufdeckung von Bilanzbetrug muss als Ziel gesetzlich verankert werden. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften müs- sen wirksam staatlich beaufsichtigt werden. Die persönliche Haftung von Entscheider*innen in Unternehmen muss bei Rechtsverstößen tatsächlich wirksam werden. Auch Aufsichtsräte müssen gestärkt und kompetent besetzt werden. Die Vergütung von Vorständen muss sich am langfristigen Unternehmenserfolg statt am kurzfristigen Börsen- kurs orientieren.

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Auch über zehn Jahre nach der Finanzkrise geht von Banken noch immer eine Gefahr für die Wirtschaft aus. Noch immer ist nicht aus- geschlossen, dass im Falle einer Pleite die Steuerzahler*innen haf- ten. Wir wollen deshalb zurück zum „Boring Banking“. Banken sollen nicht spekulieren, sondern die Realwirtschaft finanzieren. Statt der immer undurchsichtigeren Regulierungsflut wollen wir einfache und harte Regeln. Die Regulierungslücken bei Schattenbanken, Zahlungs- dienstleistern und Fintechs schließen wir, jedes Produkt und jeder Akteur muss reguliert sein. Wir werden die Schuldenbremse (Lever- age Ratio) für Banken verbindlich machen und schrittweise auf 10 Prozent erhöhen. Das riskante Investmentgeschäft muss vom Einla- gen- und Kreditgeschäft getrennt werden (Trennbankensystem). Auch Investmentbanken müssen konsequent beaufsichtigt und Geschäfts-

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Unser Land ist derzeit ein Paradies für Geldwäsche. Wir werden mit einer umfassenden Strategie gegen Geldwäsche vorgehen. Bei allen Gesellschaften, Stiftungen und sonstigen Konstrukten muss umfas- sende Transparenz über die wirtschaftlich Berechtigten bestehen. Wir befürworten eine Absenkung der Identifizierungspflicht auf 10 Pro- zent. Lücken und Umgehungsmöglichkeiten des Transparenzregisters werden geschlossen. Die Finanzaufsicht muss in der Geldwäschebe- kämpfung eine aktive Rolle spielen, statt Verdachtsmeldungen nur weiterzureichen. Im Nichtfinanzsektor, gerade bei Immobilien, bleibt Geldwäsche besonders oft unentdeckt. Wir werden bundesweite Mindeststandards für Aufsicht, Prüfungen, Ressourcen und Personal durchsetzen. Die Zuständigkeit für die Bekämpfung der Geldwäsche soll vollständig auf den Bund übergehen. Illegale Gelder und Vermö- genswerte werden wir umfassend abschöpfen. Das Einfrieren von ver- dächtigen Finanztransaktionen wollen wir erleichtern und die Dauer von Transaktionsverboten verlängern, um die Strafverfolgung zu sichern. Wir werden die Einführung einer hohen Obergrenze für Bar- geldzahlungen, wie von der EU-Kommission vorgeschlagen, prüfen.

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Euro-Transaktionen. Sie wirkt ungerechtfertigten Kosten durch Oligo- pole entgegen. Private Firmen können auf dieser Grundlage Produkte und Apps aufbauen. Ein digitaler Euro löst klassisches Bargeld nicht ab, sondern ergänzt es. Eine Aushöhlung des Geld- und Währungs- monopols durch private Währungen mächtiger Großkonzerne leh- nen wir strikt ab. Bei allen digitalen Zahlungen und Kryptowährun- gen müssen die tatsächlichen wirtschaftlich Berechtigten analog zu Regelungen beim Bargeld ab einer gewissen Schwelle ermittelt wer- den. Zur Bekämpfung von Verbrechen wie Geldwäsche, Darstellung sexualisierter Gewalt gegen Kinder, Steuerhinterziehung und Terror- Finanzierung braucht es auch für den Bereich des digitalen Bezahlens klare Regeln. Bestehende Kooperationspflichten von Kryptotausch- börsen wollen wir erweitern und Ermittlungsbehörden angemessen in diesem Bereich schulen. Wir wollen den rasanten Entwicklungen im Bereich dezentraler Finanzanwendungen gerecht werden und die Chancen und Risiken von Kryptowährungen und Blockchains differen- ziert ausloten.

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Wir vollenden die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion In Europas Zukunft investieren

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Europas Gesellschaften und Unternehmen leben von einer starken öffentlichen Infrastruktur. Daher ist es umso gefährlicher, dass in den letzten Jahren so sehr auf Verschleiß gefahren und nicht investiert wurde. Wir wollen die Europäische Währungsunion zu einer Sozial- union ausweiten. In wichtigen Zukunftsfeldern wie der Digitalisierung oder der Batterieproduktion droht Europa den Anschluss zu verlieren. Wir werden in der EU konsequent in Klimaschutz, Digitalisierung, For- schung und Bildung investieren. Dafür wollen wir das neu geschaf- fene Wiederaufbauinstrument verstetigen und in ein permanentes Investitions- und Stabilisierungsinstrument unter der Kontrolle des Europäischen Parlaments überführen. Damit sollte die EU sowohl in wichtige Zukunftsbereiche investieren als auch in Krisen stabilisie- rend wirken können. Gleichzeitig stärken wir den EU-Haushalt, indem

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Es war ein Fehler, dass die Konservativen jahrzehntelang eine eigene Fiskalpolitik Europas verhindert haben. Wir wollen dafür Sorge tra- gen, dass die EU mit einem nachhaltigen Investitionsfonds ein Inst- rument für eine dauerhafte, eigene Fiskalpolitik erhält. Der Fonds sta- bilisiert im Krisenfall und investiert in europäische öffentliche Güter wie Klima, Forschung, digitale Infrastruktur, Eisenbahn und Bildung. Er muss so gestaltet werden, dass er im Krisenfall nicht durch einzelne Länder blockiert werden kann und eine starke Kontrolle durch das Europaparlament sichergestellt ist. Der Europäische Stabilitätsme- chanismus wird zu einem Europäischen Währungsfonds weiterentwi- ckelt. In ihm erhalten die Länder eine nicht konditionierte kurzfris- tige Kreditlinie. So wird Spekulation gegen einzelne Staaten schon im Vorfeld abgewendet. Die Bankenunion wird durch eine gemeinsame Einlagensicherung als Rückversicherung vollendet, damit jeder Euro überall gleich sicher ist. Durch eine gemeinsame und stärker antizy- klische Fiskalpolitik entlasten wir die Zentralbank und sorgen dafür, dass sie künftige Brände nicht wieder alleine löschen muss. Darüber hinaus begrüßen wir, dass die EZB ihrer Verantwortung für die Sta- bilität des Euro in allen Mitgliedstaaten nachkommt, indem sie Zins- unterschiede innerhalb der Eurozone in Grenzen hält. Wir stehen zur Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank. Gleichzeitig begrüßen wir die Debatte der EZB über ihre neue geldpolitische Strategie. Die Klimakrise hat massive Rückwirkungen auf unsere Volkswirtschaften, es ist deshalb sinnvoll, dass alle geldpolitischen Maßnahmen den Einfluss der Klimakrise auf die Geldwert- und Finanzstabilität berück-

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sichtigen. Zudem hat die EZB die Aufgabe, die allgemeine Wirtschafts- politik der EU zu unterstützen. Wie sie den Europäischen Green Deal mit seinen ökologischen und sozialen Zielen als wirtschaftspolitische Leitstrategie der EU stärkt, obliegt ihrer unabhängigen Entscheidung.

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Wir wollen, dass sich der Euro zu einer glaubwürdigen, internationa- len Leitwährung entwickelt, damit Europa seine Souveränität bewahrt und ausbaut. Langfristig soll ein starker und stabiler Euro seinen Platz in einem kooperativen globalen Weltwährungssystem finden. Der Euro ist ein wesentlicher Baustein einer umfassenden Strategie, die europäische Werte auf der globalen Ebene stärkt und durchsetzt. Wir werden sichere europäische Vermögenswerte schaffen, in denen die Welt sparen kann. In Zukunftsmärkten wie Investitionen in Klima- schutz soll der Euro das internationale Zahlungsmittel werden. Um die internationale Rolle des Euro zu stärken, braucht es aber auch innereuropäische Solidarität: Wir wollen Ungleichgewichte gemein- sam in Überschuss- und Defizitländern reduzieren sowie wirtschafts- und finanzpolitische Entscheidungen als Gemeinschaft treffen.

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Wir wollen den Bundeshaushalt nachhaltiger, gerechter und trans- parenter machen. Nachhaltiger wird er, wenn wir die umweltschäd- lichen Subventionen endlich beenden. Immer noch subventionieren die öffentlichen Haushalte des Landes mit über 50 Milliarden Euro klimaschädliches Verhalten. Wir werden diese Subventionen schritt- weise abbauen und den Bundeshaushalt klimagerecht machen. In einem ersten Schritt können wir so über 15 Milliarden Euro jährlich einnehmen und sie für die Finanzierung von Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit einsetzen. Für die Ausgaben des Bundes streben wir eine Klima- und Biodiversitätsquote an, die schrittweise steigen soll.

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künfteverfahren, das die Kapitalerträge auf Anlegerebene teilweise steuerlich freistellt. Aktienkleinanleger*innen entlasten wir so spür- bar und nähern uns dem Ideal eines finanzierungsneutralen Steuer- systems an. Wir werden die bislang nach einer Zehn-Jahres-Frist gel- tende Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne von Grundstücken und Immobilien abschaffen. Auch werden wir die Steuerfreiheit für andere Veräußerungsgewinne, beispielsweise beim Handel mit Edelmetallen, Rohstoffen oder Kryptowerten, abschaffen. Untere und mittlere Ein- kommen entlasten wir unter anderem durch die Einführung einer Kin- dergrundsicherung und durch unser Energiegeld. Soweit durch mobi- les Arbeiten Kosten für Arbeitnehmer*innen entstehen, müssen diese vom Arbeitgeber erstattet werden oder steuerlich als Werbungskos- ten absetzbar sein. Die Vermögensungleichheit in Deutschland hat stark zugenommen und liegt weit über dem EU-Durchschnitt. Das liegt unter anderem daran, dass es sehr reichen Menschen möglich ist, durch Gestaltungen einer Besteuerung von Vermögen, etwa bei der Erbschaftssteuer, nahezu komplett zu entgehen. Wir wollen solche Gestaltungsmöglichkeiten abbauen und große Vermögen wieder stär- ker besteuern. Dafür gibt es verschiedene Instrumente wie zum Bei- spiel die Erbschaftssteuer oder die Vermögensteuer. Die Einführung einer neuen Vermögensteuer für die Länder ist unser bevorzugtes Instrument. Die Länder sollten die Einnahmen dieser Steuer für die Finanzierung der wachsenden Bildungsaufgaben einsetzen. Die Ver- mögensteuer sollte für Vermögen oberhalb von zwei Millionen Euro pro Person gelten und jährlich 1 Prozent betragen. Begünstigungen für Betriebsvermögen werden wir im verfassungsrechtlich erlaubten und wirtschaftlich gebotenen Umfang einführen. Dabei streben wir Lösungen an, die zusätzliche Anreize für Investitionen schaffen und die besondere Rolle und Verantwortung von mittelständischen und Familienunternehmen berücksichtigen. Ungerechtfertigte Ausnah- men im Bereich der Umsatzsteuer bauen wir ab und sorgen dadurch auch hier für mehr Fairness bei der Finanzierung staatlicher Aufgaben.

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Corona hat uns schonungslos die Stärken und Schwächen unseres Sozialstaates vor Augen geführt: wie wichtig ein robustes Gesund- heitssystem für alle ist, wie zentral eine Wirtschaftskraft ist, die für gesellschaftlichen Wohlstand und damit einen Sozialstaat sorgt, der Menschen bei Jobverlust oder Wirtschaftseinbruch vor Obdachlosig- keit bewahrt. Die Pandemie hat aber zugleich bestehende Ungleich- heiten verschärft. Wer arm ist, wird schneller krank. Frauen tragen eine besondere Last in den systemrelevanten Berufen der Pflege, der Erziehung und im Einzelhandel, sind aber deutlich schlechter bezahlt und in Entscheidungsprozessen weniger repräsentiert. Frei- berufler*innen und Selbständige, die ohnehin schon größere Risi- ken eingehen, stürzen ohne Verdienst in Existenzangst oder -not. Wer Kinder oder Jugendliche allein oder getrennt erzieht, ist durch Kinderbetreuung, Homeschooling und Homeoffice noch mal mehr gefordert. Die Pandemie hat uns auf unsere individuellen Lebens- umstände zurückgeworfen. Wenn die Wohnung eng ist, der Garten

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Digitalisierung, globaler Wettbewerb und der nötige Umbau der Wirtschaft bedeuten für viele Menschen große Veränderungen, die mit der Angst vor Verlusten einhergehen. Aber Angst lähmt und macht mürbe. Menschen benötigen auch im Übergang Sicherheit. Es gilt die Risiken abzusichern und Perspektiven zu geben, etwa durch eine Arbeitsversicherung und durch Weiterbildung. Starke Tarifpart- ner, starke Gewerkschaften und demokratische Mitbestimmung kön-

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nen ebenfalls dazu beitragen, die großen Herausforderungen beim Übergang in eine sozial-ökologische Marktwirtschaft gemeinsam zu bewältigen. Wir werden zeigen, dass Transformation und Digitalisie- rung hin zu einem klimagerechten Wohlstand zukunftsfähige Jobs schaffen, mit guten Arbeitsbedingungen und gerecht verteilter Arbeit.

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Den Kopf frei haben für die Familie und die Kinder, auch wenn sie krank sind, das ist unser Ziel. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, der wir uns gemein- sam mit Wirtschaft und öffentlichen Institutionen stellen. Alle Eltern sollen Elternzeit unkompliziert in Anspruch nehmen können. Mit der KinderZeit Plus wollen wir das Elterngeld auf 24 Monate ausweiten: Pro Elternteil je acht Monate, weitere acht Monate können flexibel untereinander aufgeteilt werden. Wird die KinderZeit Plus Teilzeit in Anspruch genommen, verlängert dies entsprechend den Bezugszeit- raum. Sie kann bis zum 14. Geburtstag des Kindes genommen werden, denn auch bei älteren Kindern kann zeitweise mehr Aufmerksamkeit nötig sein. Die Bedarfe der Familien von Kindern mit Behinderung sollen zusätzlich Berücksichtigung finden. Wir unterstützen Eltern dabei, Familie und Arbeit mit einer neuen Arbeitszeitkultur und einem flexiblen Vollzeitkorridor in eine ausgewogene Balance zu bringen, Familien- und Hausarbeit partnerschaftlich zu teilen und Teilzeit- fallen zu vermeiden. Niemand soll sich zwischen Kind und Job, Aus- bildung oder Studium entscheiden müssen, darum soll der Anspruch auf ein Kinderkrankengeld auf 15 Tage im Jahr pro Kind und Eltern- teil steigen, Alleinerziehende bekommen 30 Tage. Weil gerade in den ersten Lebensjahren viele Infekte mitgenommen werden, sollte es in dieser Zeit einen zusätzlichen erhöhten Anspruch auf Kinderkranken- geld geben. Die Altersgrenze wollen wir auch hier auf 14 Jahre anhe-

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Sozialpartnerschaft, Tarifverträge und Mitbestimmung sind Eckpfeiler der sozialen Marktwirtschaft. Sie haben unser Land stark gemacht. Da, wo sie gelten, sorgen sie meistens für anständige Löhne und gute Arbeitsbedingungen. Wir wollen, dass Tarifverträge und starke Mit- bestimmung wieder für mehr anstatt für immer weniger Beschäftigte und Betriebe gelten. Bei der öffentlichen Vergabe sollen im Einklang mit europäischem Recht die Unternehmen zum Zug kommen, die tarif- gebunden sind oder mindestens Tariflöhne zahlen. Dafür setzen wir auf ein Bundestariftreuegesetz. Zudem wollen wir es leichter machen, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären, damit sie für alle in einer Branche gelten. Tarifflucht darf sich für Unternehmen nicht lohnen. Wir wollen Betriebe verpflichten zu veröffentlichen, ob sie Tarifvertragspartei sind. Bei Umstrukturierungen sollen die bisherigen tariflichen Regelungen gelten, bis ein neuer Tarifvertrag abgeschlos- sen wurde. Paritätische Mitbestimmung soll es zukünftig bereits in Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten geben und wir wol- len ein Schlichtungsverfahren einführen, wenn sich Entscheidungen besonders stark auf die Beschäftigten auswirken. Betriebsräte, die sich für Mitarbeiter*innen einsetzen, brauchen auch selbst mehr Schutz. Gleiches gilt auch für die Beschäftigten, die erstmals einen Betriebs- rat gründen wollen. Die Mitbestimmungsrechte für Betriebsräte, Per- sonalräte und auch Jugend- und Ausbildungsvertretungen wollen wir ausbauen und modernisieren, unter anderem wenn es um Personal- entwicklung, Weiterbildung, Standortverlagerungen ins Ausland, die Stärkung von Frauen, die Förderung von Vielfalt oder die Verbesse- rung der Klimabilanz im Unternehmen geht. Die stärkere finanzielle Beteiligung von Mitarbeiter*innen an den Unternehmen, zusätzlich zu Lohn und Gehalt, kann mehr Mitgestaltung bewirken. Der Wandel der Arbeitswelt, den Digitalisierung und ökologische Transformation mit sich bringen, muss gemeinsam mit den Beschäftigten im Betrieb gestaltet werden.

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Wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen stärken

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Um selbstbestimmt leben zu können, ist wirtschaftliche Unabhängig- keit unabdingbar. Deshalb müssen Steine, die dies behindern, aus dem Weg geräumt werden. Frauen übernehmen nach wie vor den Großteil der Sorgearbeit, die systemrelevant für unsere Gesellschaft ist. Wir wollen für eine eigenständige Absicherung in allen Lebensphasen sorgen – von der Berufswahl bis zur Rente. Minijobs, mit Ausnahmen für Studierende, Schüler*innen und Rentner*innen, wollen wir in sozi- alversicherungspflichtige Beschäftigung überführen und Regelungen für haushaltsnahe Dienstleistungen schaffen. Das durch enge Rollen- erwartungen eingeschränkte Berufswahlverhalten wollen wir durch eine gendersensible Berufsberatung erweitern. Die gläserne Decke, die Frauen am Aufstieg hindert, wollen wir aufbrechen. Dies gelingt durch eine kluge Zeitpolitik, die es auch Partner*innen erleichtert, Verantwortung in der Familie zu übernehmen und Arbeit geschlech- tergerecht aufzuteilen. Wir wollen, dass die Sorge in der Familie gemeinsam und gleichberechtigt getragen wird, und sehen darin eine Voraussetzung für Chancengerechtigkeit und Gleichberechtigung der Geschlechter. Dafür ist es notwendig, dass insbesondere Väter glei- chermaßen Verantwortung und Sorgearbeit in der Familie überneh- men. Alleinerziehende dürfen dabei gegenüber Paaren nicht benach- teiligt werden. Von Diskriminierungen am Arbeitsmarkt Betroffene wollen wir stärken, unter anderem mit einem Verbandsklagerecht, dem Ausbau entsprechender Rechtsberatung und durch ein echtes Recht auf die Rückkehr in Vollzeit, das auch für kleinere Betriebe gilt. Damit Eltern nicht aufgrund der Tatsache, dass sie Kinder haben, in der Arbeitswelt benachteiligt werden, werden wir notwendige Maß- nahmen inklusive erforderlicher Gesetzesänderungen ergreifen.

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Wir treten ein für eine Europäische Union, die soziale Absicherung und Mindeststandards EU-weit garantiert. Soziale Rechte müssen den gleichen Stellenwert erhalten wie die wirtschaftlichen Freiheiten des Binnenmarkts. Dafür sind gemeinsame europäische Arbeits- und Sozi- alstandards essentiell. Wir machen uns für eine europäische Grundsi- cherungsrichtlinie stark, die soziale Mindeststandards für jedes Land festlegt, angepasst an die jeweilige ökonomische Situation. Länder- spezifische Mindestlöhne sollen überall in der EU dafür sorgen, dass Menschen von ihrer Arbeit leben können. Das in der Corona-Krise ein- geführte europäische Kurzarbeitsprogramm wollen wir verstetigen. Zur Stabilisierung im Falle von Krisen setzen wir uns für die Einführung einer europäischen Arbeitslosenrückversicherung ein. Wir wollen die europäischen Betriebsräte stärken und die Mitbestimmung in grenz- überschreitenden Unternehmen weiter absichern durch gestärkte Informationsrechte und verschärfte Sanktionen. Unser langfristiges

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Eine kapitalgedeckte Altersvorsorge kann das Umlagesystem sinnvoll ergänzen. Die Riester-Rente hat sich aber als ein völliger Fehlschlag herausgestellt und die Rürup-Rente hat gravierende Schwächen. Die Produkte sind teuer und undurchschaubar und haben zum Teil eine geringere Rendite als Omas Sparstrumpf. Profitabel sind sie oft nur für die Versicherungswirtschaft oder dank der öffentlichen Förderung. Deswegen haben bei weitem nicht alle davon Gebrauch gemacht. Wir wollen die Riester- und die Rürup-Rente durch einen öffentlich verwal- teten Bürger*innenfonds ersetzen. Die öffentliche Zulagenförderung der privaten Altersvorsorge werden wir reformieren und auf niedrige und mittlere Einkommen fokussieren. Für Menschen mit einem beste- henden Riestervertrag besteht, falls von ihnen gewünscht, Bestands- schutz. Der Fonds kann langfristig orientiertes Eigenkapital für die Wirtschaft bereitstellen. In den Bürger*innenfonds zahlen alle ein, die nicht aktiv widersprechen. So wird ein Volumen geschaffen, das die Verwaltungskosten gering hält, die Risiken breit streut und auf teure Garantien verzichten kann. Der Bürger*innenfonds wird öffentlich und politisch unabhängig verwaltet und investiert anhand von ESG-Nach- haltigkeitskriterien. Er investiert langfristig und hilft so, die Kurzfrist- orientierung der Märkte zu überwinden. So bietet er das Potenzial einer guten Rendite. Arbeitgeber*innen sollen künftig eine betrieb- liche Altersvorsorge anbieten, einen eigenen Finanzierungsbeitrag leisten und den Bürger*innenfonds als Standard dafür nutzen kön- nen. Um es kleinen Unternehmen einfacher zu machen, eine betrieb- liche Altersvorsorge anzubieten, wollen wir die reine Beitragsgarantie für kleine Unternehmen einführen, sie bei der Haftung entlasten und so für eine bessere Verbreitung der betrieblichen Altersvorsorge sor- gen. Zusätzlich wollen wir erreichen, dass Selbständige vergleichbare Chancen auf eine angemessene Altersversorgung haben wie abhän- gig Beschäftigte.

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gie sollen den Bürger*innen Datengrundlagen, Entscheidungsgründe und -wege transparent gemacht werden. Wir investieren in Gesund- heitsforschung, zum Beispiel bei Medikamenten, Impfstoffen oder der Entwicklung neuer Testverfahren. Dort, wo es keine ausreichen- den Anreize für die Therapieentwicklung gibt, wie zum Beispiel bei Antibiotika oder antiviralen Medikamenten, schaffen wir alternative Anreizsysteme. Auch die Produktion von Medikamenten und Medi- zinprodukten soll – in europäischer Kooperation – vorangetrieben werden, die Versorgung, zum Beispiel mit Atemschutzmasken, durch eigene Produktionsstandorte sichergestellt werden. Die Universi- tätsmedizin werden wir angesichts ihrer wichtigen Rolle in der Pan- demiebekämpfung weiter stärken – von der Spitzenforschung über die Vernetzung bei Daten und Digitalisierung bis zur Versorgung per Telemedizin im ländlichen Raum. Auf europäischer Ebene braucht es mehr gemeinsame Strategie und Koordinierung, etwa durch die gemeinsame Planung und Nutzung medizinischer Notfallkapazitä- ten oder durch ein europäisches Frühwarnsystem und die gemein- same Erhebung und Nutzung relevanter Daten. Daher setzen wir uns für den zügigen Aufbau von HERA ein, einer EU-Behörde, die künftig staatliche und privatwirtschaftliche Aktivitäten besser koordinieren soll. Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten wollen wir stärken und uns für eine engere Kooperation mit nationalen Gesundheitsbehörden einsetzen.

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Klimaschutz ist Gesundheitsschutz

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Dem Gesundheitswesen kommt bei der Bewältigung der Klimakrise eine besondere Bedeutung zu, etwa durch die Anpassung an ein ver- ändertes Krankheitsspektrum und an vermehrte Extremwetterlagen

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wie Hitzewellen. Unter diesen leiden heute schon vor allem ältere und armutsgefährdete Menschen, auch Allergien und Erkrankungen beispielsweise der Haut treten vermehrt auf. Das ist eine Herausfor- derung für das Gesundheitswesen, der wir durch mehr Vorsorge, eine bessere Notfallversorgung, verstärkte Hilfen für besonders verletzli- che Menschen wie etwa chronisch Kranke begegnen wollen. Wir wer- den außerdem einen Sonderfonds zur Umsetzung von Hitzeaktions- plänen schaffen. Gleichzeitig muss auch das Gesundheitswesen dazu beitragen, CO2-Emissionen zu verringern. Investitionen zum Beispiel in grüne Krankenhäuser und Gesundheitszentren werden wir unter- stützen. Umwelt- und Klimaschutz sollen auch bei der Produktion von Arzneimitteln stärker beachtet und ein Qualitätsmerkmal bei Verträ- gen der Krankenkassen werden. Die Verknüpfung von Klimaschutz und Gesundheit kann so zu einem Motor der Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit werden.

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Alle Menschen brauchen angemessenen Wohnraum. Wohnen ist ein Menschenrecht. Aber es wird immer schwieriger, überhaupt Wohnun- gen zu finden. Und die Mieten und Immobilienpreise steigen vieler- orts immer noch weiter. Großstädte teilen sich immer stärker in Ein- kommensstadtteile auf, Innenstädten geht das Leben verloren. Viele Städte brauchen eine Neuausrichtung hin zu einem gemeinwohlori- entierten Wohnungsmarkt. Deshalb gilt es zu handeln, damit gerade auch Familien, Studierende, Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen oder Geringverdiener*innen nicht in Bedrängnis geraten, sondern gut und sicher wohnen können. Wir wollen das Recht auf Wohnen ins Grundgesetz aufnehmen. In Deutschland sind derzeit – nach Schätzungen – etwa 700.000 Menschen wohnungslos, 40.000 von ihnen leben ohne Obdach auf der Straße, mehr und mehr junge Menschen, Frauen und Familien. Um diesen Zustand zu beenden, wol- len wir ein nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewäl- tigung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit auflegen. Dabei ist der Housing-First-Ansatz ein zentraler Baustein, bei dem Obdachlose in eine Wohnung einziehen können, ohne sich zuvor für Hilfe „qualifizie- ren“ zu müssen. Kein Mensch soll ohne Obdach und eine dauerhafte würdevolle Unterbringung sein. Zudem werden wir einen Wohn- und Mietengipfel einberufen, der einen echten Dialog auf Augenhöhe zwischen den Mieter*innen-Vertretungen, der Wohnungswirtschaft sowie Bund, Ländern und Kommunen schafft und gemeinsam neue, zukunftsfähige wie soziale Konzepte erarbeitet.

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Mietspiegel stärken, verbreiten und rechtssicher ausgestalten. Zur Berechnung sollen die Mietverträge der letzten 20 Jahre herangezo- gen werden. Wir streben an, die Modernisierungsumlage weiter abzu- senken und auf maximal 1,50 Euro pro Quadratmeter zu begrenzen, damit energetische Sanierungen perspektivisch warmmietenneutral möglich sind. Innerhalb eines solchen Gesamtkonzepts soll es im BGB ermöglicht werden, in Regionen mit einem angespannten Wohnungs- markt landesgesetzliche Regelungen dann zu treffen, wenn sie min- destens den Vorgaben des Gesamtkonzepts entsprechen. Dies muss selbstverständlich verfassungsfest geschehen. Die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf Mieter*innen schaffen wir ab. Außerdem setzen wir auch auf flächensparendes Wohnen, damit der bestehende Wohn- raum besser genutzt wird. So wollen wir es beispielsweise Mieter*in- nen erleichtern, ihre Wohnungen samt den bestehenden Verträgen zu tauschen. Das Umwandlungsverbot im Baugesetzbuch und den Mili- euschutz auszuweiten sind weitere Instrumente. Dazu stärken wir das kommunale Vorkaufsrecht auf Basis eines Ertragswerts, der bezahl- bare Mieten sichert und spekulative Wertsteigerungen unterbindet. Mietwucher muss – nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz – auch tatsächlich geahndet werden. Eigenbedarfskündigungen sollen zudem deutlicher als heute auf die tatsächliche Nutzung durch die Eigentümer*innen und die nahen Verwandten beschränkt werden, um Missbrauch zu unterbinden. Wir prüfen, inwiefern es möglich ist, in angespannten Wohnungsmärkten bei besonders schutzwürdigen Personengruppen Eigenbedarfskündigungen ganz auszuschließen. Um die Gemein- schaften der Mieter*innen zu stärken und die Gemeinwohlorientie- rung auf dem Wohnungsmarkt umzusetzen, wollen wir echte Mitbe- stimmungsrechte und -instrumente entwickeln.

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Wir können die Klimaziele nur mit einer konsequenten Bauwende hin zu ressourcenschonendem und nachhaltigem Bauen erreichen. Bei jeder Städtebau- und Gebäudeplanung sind künftig der gesamte Stoff- und Energieverbrauch für Bau, Betrieb und späteren Rückbau umfassend zu berücksichtigen. Eine Lebenszyklusbetrachtung soll verpflichtend für alle Baumaßnahmen werden, Erhalt und Aufbau auf Bestehendem bekommt Vorrang vor Neubau. Ziel ist eine kom- plette stoffliche Wieder- oder Weiterverwertung. Dafür setzen wir auf eine Veränderung der ökonomischen Rahmenbedingungen, ein Gebäude-Ressourcen-Gesetz und verbindliche Klimaschutzstandards bei allen gesetzlichen Vorgaben, Normen und Bauordnungen sowie eine nachhaltige Holzbaustrategie, damit künftig energie- und res- sourcenschonend und giftfrei gebaut wird. Die öffentliche Hand muss bei alldem ihrer Vorbildfunktion gerecht werden. Die Forschung an und Markteinführung von nachhaltigen, klimafreundlichen Bauma- terialien wollen wir stärken. Holz ist dabei ein wertvoller Rohstoff,

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seinen gezielten und effizienten Einsatz behalten wir im Blick, damit unsere Häuser nachhaltig, aber zugleich unsere Wälder nicht über- nutzt werden. Wir fördern außerdem die Digitalisierung von Planen und Bauen. Um Gebäude kreislaufgerecht planen, bauen und moder- nisieren zu können, führen wir einen digitalen Gebäude-Materialpass mit allen relevanten Informationen über die verwendeten Materia- lien ein – unsere Gebäude und Bauschuttdeponien werden so zu Roh- stoffminen. Die Reduktion des Flächenverbrauchs bei der Siedlungs- entwicklung spielt eine zentrale Rolle beim Natur- und Artenschutz. Mit entsprechenden rechtlichen Vorgaben und Anreizen realisieren wir den Vorrang der Innenentwicklung und flächensparendes Bauen. Nicht mehr benötigte versiegelte Flächen werden der Natur zurück- gegeben. Künftig wird mehr hoch als breit gebaut, Verkehrsflächen werden reduziert. Flächen, die noch versiegelt werden, müssen orts- nah durch Entsiegelung ausgeglichen werden. So steigen wir in eine Flächenkreislaufwirtschaft ein, die letztlich keinen Nettoverbrauch an Boden mehr benötigt. Wir setzen uns ferner dafür ein, dass § 13 b des Baugesetzbuches nicht über das Jahr 2022 hinaus verlängert wird.

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krisenbedingten Steuerausfällen umsetzen, um auch hoch verschul- deten Kommunen wieder eine Perspektive zu geben. Für ihr Schulden- management sollen die Kommunen auf die Unterstützung des Bun- des zurückgreifen können, sofern sie dies wünschen. Wir wollen daher, dass für 2021 und 2022 die Gewerbesteuerausfälle vollständig durch Bund und Länder übernommen werden. Außerdem wollen wir eine Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung für Geduldete. Wir wollen mehr kommunale Investitionen ermöglichen, beispiels- weise in Klimaschutz, die Verkehrswende, Gründungsinfrastruktur und Kultureinrichtungen. Dafür soll in einem ersten Schritt der Zugang zu Fördermitteln einfacher und unbürokratischer werden und sollen die Hürden für die Teilnahme besonders für finanzschwache Kommu- nen gesenkt werden. Wir wollen, dass Bund und Länder den Kommu- nen mit einer gemeinsamen Kompetenzagentur für Förderpolitik und Investitionen mit Rat und Tat zur Seite stehen und die Umsetzung von Projekten ermöglichen. Es braucht mittelfristig aber eine grundsätz- liche Neuordnung der Finanzierung der Kommunen: weg von immer mehr einzelnen Förderprogrammen, hin zu einer höheren Grundfinan- zierung, damit vor Ort entschieden werden kann, welche Ausgaben priorisiert werden.

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Egal ob Stadt oder Land, ob mobiles Arbeiten, innovative Wirtschaft oder Unterricht – schnelles Internet ist die essentielle Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe sowie gleichwertige Lebensverhältnisse und gehört für uns zur öffentlichen Daseinsvorsorge. Mit weniger als zwei Millionen aktiven Glasfaseranschlüssen ist Deutschland aber in allen europäischen und internationalen Vergleichen weit abgehängt. Dabei gehört Glasfaser die Zukunft. Unser Ziel ist schnelles, kosten- günstiges und zuverlässiges Glasfaserinternet (FTTB) in jedem Haus. Wir sorgen dafür, dass Fördergelder unbürokratisch dort ankom- men, wo sie am nötigsten gebraucht werden. Wir stärken den offe- nen Zugang zu bestehender Glasfaser und bauen Blockaden ab, um den Ausbau zu beschleunigen. Der umfassende Glasfaserausbau soll auch im Rahmen von Betreibermodellen vorangetrieben und langfris- tig gesichert werden. Um den Menschen auch kurzfristig schnellere Internetzugänge zu ermöglichen, wollen wir einen Rechtsanspruch auf schnelle Internet-Grundversorgung so ausgestalten, dass er unbüro- kratisch und leicht durchsetzbar wird. Mit Mindestbandbreiten, die sich an den Nutzungsgewohnheiten der Menschen orientieren. So sorgen wir für eine zügige Schließung der weißen Flecken. Die Netzneutrali- tät wollen wir weiter absichern und konsequent durchsetzen. Und wir machen Schluss mit der Bandbreiten-Schummelei: Wenn Telekommu- nikationsunternehmen nicht die versprochenen Download-Geschwin- digkeiten liefern, soll es unkomplizierten pauschalierten Schadens- ersatz und hohe Bußgelder geben. Beim Mobilfunkausbau gilt es eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen, egal in welchem Netz man surft. Wo die Anbieter keine Kooperationsvereinbarungen treffen, um Funklöcher zu schließen, muss notfalls lokales Roaming angeord- net werden, natürlich mit entsprechender Vergütung. Bei zukünftigen Frequenzversteigerungen sollen die Versorgungsauflagen für die Flä- che so angepasst werden, dass sie mit dem steigenden Bedarf Schritt halten – insbesondere entlang von Bahnstrecken und Straßen.

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Kapitel 4: Bildung und Forschung ermöglichen Bildung ermöglicht. Von Anfang an gibt Bildung Kindern, jungen Men- schen und Erwachsenen bis ins hohe Alter die Möglichkeit, sich zu entfalten. Altes zu hinterfragen und Neues zu entdecken. Bildung und Inklusion schaffen die Grundlagen, den eigenen Weg im Leben selbst- bestimmt gehen zu können. In zukunftsgerichteter Bildungspolitik, Aus- und Weiterbildung, in visionärer Forschung und kluger Wissen- schaftspolitik liegt unendlich viel Potenzial, um dieses Land gerechter, moderner und krisenfester zu machen. Deshalb brauchen wir sozial diverse und inklusive Schulen, in denen junge Menschen so lange wie möglich gemeinsam lernen. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) sowie die klassische Umweltbildung sind der Schlüssel zur notwendigen gesellschaftlichen Transformation. Sie befähigt Men- schen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln, zur Gestaltung und Teilhabe an einer demokratischen und pluralen Gesellschaft sowie zum Verstehen der Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt. BNE ermöglicht den Menschen, sich aktiv an der Gestaltung einer ökologisch verträglichen, wirtschaftlich leistungsfähigen und sozial gerechten Gesellschaft zu beteiligen.

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Um die großen Krisen einzudämmen – die Klimakrise, Pande- mien –, sind Kreativität, Forschungsgeist sowie die Transformation unseres Bildungs- und Wissenschaftssystems die Grundlage. Damit Innovationen der Allgemeinheit zugutekommen, muss für die Entwick- lung auch öffentliche Infrastruktur zur Verfügung stehen. Ein gutes Leben wird auch künftig möglich sein, weil Wissenschaftler*innen, Künstler*innen und Forscher*innen in Betrieben, Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen permanent und mit Leidenschaft an neuen Ideen arbeiten, an Antworten auf Fragen, die wir noch gar nicht gestellt haben. Aber sie können neuartige Impf- oder alternative Antriebsstoffe, neue ökonomische Wohlstandskonzepte oder nachhal- tige Geschäftsmodelle nur dann entwickeln, wenn sie eine gut ausge- stattete Forschungsumgebung haben und sie Neues mit ungewissem Ausgang erforschen und ausprobieren können. Sie brauchen für ihre Arbeit optimale und verlässliche Bedingungen, unnötige bürokrati- sche Hürden sollten wir abbauen. Wissenschaftliche Kooperationen mit den europäischen Partner*innen, vor allem unter den Hochschu- len, tragen maßgeblich zur Attraktivität und Innovationsdynamik des deutschen Wissenschaftssystems bei, deshalb wollen wir sie stärker fördern. Bildungs-, Forschungs- und Innovationspolitik wollen wir

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Wissenschaft zeigt immer wieder neue Denkhorizonte und Mög- lichkeiten auf und ändert so den Lauf der Dinge. Sie gibt eine zent- rale Orientierung für politisches Handeln, das zeigen Klimakrise und Pandemie. Aber in Zeiten von Informationsfilterblasen und Verschwö- rungsideologien werden wissenschaftliche Erkenntnisse öffentlich in Zweifel gezogen. Nötig ist ein verständlicher und interdisziplinärer Wissenschaftsdialog, der Wissenschaft und Gesellschaft näher zusam- menbringt – durch partizipative Formate und Förderung der Wissen- schaftskommunikation.

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Die großen Herausforderungen unserer Zeit wie die Klimakrise, Pan- demien oder auch eine effizientere Nutzung von Rohstoffen kön- nen wir nur mit der Hilfe von innovativen Lösungen und Fortschritt bewältigen. Der Markt kann dabei nicht alles allein. Bei der Lösung solch großer Aufgaben muss der Staat Innovationen missions- orientiert vorantreiben. Er soll klare Zielvorgaben machen, Anreize schaffen, Kooperationen von Unternehmen, Hochschulen und Zivil- gesellschaft organisieren und mit gezielter Forschungsförderung und strategischer Industrie- und Beschaffungspolitik Dynamik ent- fachen. Ein Hochschul-Campus wird hier zum Experimentierraum für reale Veränderungen, der stark mit seiner Umgebung vernetzt ist und Strahlkraft in die ganze Region entwickelt. Große Probleme können nur gemeinsam und umfassend gelöst werden. Wir wollen deshalb die Förderpolitik des Bundes an den VN-Nachhaltigkeits- zielen (SDGs) ausrichten. Die zivile Ausrichtung von Wissenschaft ist zentral. Technische, soziale und ökologische Innovationen, die auch in der sozial-ökologischen Forschung verbunden sind, sind für uns gleichwertig. Wir wollen die dringend notwendige nachhaltige Transformation auch durch den Auf- und Ausbau von Forschungs- verbünden und -infrastrukturen in Deutschland und Europa voran- treiben. Die „Agentur für Sprunginnovation“ (SprinD) soll flexibler ausgestaltet werden, damit sie sich auf ihre Kernaufgaben konzen- trieren kann. Insgesamt wollen wir die Kompetenz für Wissenschaft und Forschung in allen Ministerien sowie den zentralen, obersten Bundesbehörden stärken und die ressortübergreifende Zusammen- arbeit bei den großen Forschungsherausforderungen verbessern. Unsere Behörden sollen nachhaltigen Wandel ermöglichen und nicht bremsen. Auch den unabhängigen Zugang zum All, wo die Raumfahrt wichtige Erkenntnisse über fundamentale Fragen gewinnt, gilt es zu erhalten. Deshalb wollen wir die Europäische Weltraumorganisation (ESA) und den Bereich New Space stärken und uns für einen europäi-

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Wir wollen die Verantwortung übernehmen, Deutschland als Wis- sensgesellschaft voranzubringen, beste Bedingungen für Forschung und Innovation zu schaffen und die Vielfalt des Wissenschaftssys- tems stärken. Dazu gehören herausragende außeruniversitäre For- schungseinrichtungen genauso wie breit aufgestellte Hochschulen mit Spitzenforschung. Wir wollen erreichen, dass Staat und Unterneh- men bis 2025 insgesamt mindestens 3,5 Prozent der Wirtschaftsleis- tung in Forschung und Entwicklung investieren und perspektivisch die Investitionen weiter ausbauen. So ermöglichen wir mehr Krea- tivität, Freiräume, auch mal Neuland zu betreten, und internationale Vernetzung und schaffen Planbarkeit für die Forschungslandschaft. Außerdem brauchen wir eine auskömmliche Grundfinanzierung in der Wissenschaft, um die Abhängigkeit von den in den letzten Jahren stark gestiegenen Drittmitteln wieder einzudämmen. Damit die ein- gesetzten Drittmittel zusätzliche Dynamiken freisetzen können, wol- len wir öffentliche Drittmittel länger als die üblichen drei Jahre auf- setzen und die übernommenen Overheadkosten an den tatsächlich anfallenden Kosten orientieren. International sichtbare universitäre Spitzenforschung soll auch vermehrt den Studierenden zugutekom- men und wir wollen die Exzellenzstrategie kooperativ weiterentwi- ckeln. Mit den Ländern wollen wir den Zukunftsvertrag Studium und Lehre sowie den Pakt für Forschung und Innovation verstetigen und qualitativ voranbringen. Auskömmliche und nachhaltige Finanzierung erhöht auch in zukünftigen Krisen die Reaktionsfähigkeit des Wissen- schaftssystems. Denn die Zukunft unseres Landes hängt auch davon ab, wie flexibel und frei unsere Forschungslandschaft ist.

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Wir wollen an Hochschulen eine nachhaltige, klimagerechte und bar- rierefreie Modernisierung ermöglichen, die auch digitale Infrastruktur und die IT-Sicherheit mit einschließt. Wir werden sie dabei unterstüt- zen, neue Lösungen für den Klimaschutz zu entwickeln und vor Ort als Reallabore für Klimaneutralität Ideen praktisch erproben zu können. Darüber hinaus werden wir über eine Digitalisierungspauschale die IT-Infrastruktur an Hochschulen stärken und die IT-Barrierefreiheit einfordern, Aus- und Weiterbildung der Lehrenden ausbauen und digi- tale Beratungs- und Betreuungsangebote für Studierende ausweiten. Der Zugang zu Forschungs- und Bildungsdaten soll erleichtert und FAIR Data das Grundprinzip werden. Wir wollen zudem Open Access bei Publikationen zum Standard erklären und als wissenschaftliche Leitidee stärker fördern und zusammen mit der Wissenschaft voran- treiben. Die dadurch anstehende Reform der Finanzierung wissen- schaftlicher Publikationen darf nicht zu Lasten der Forscher*innen oder ihrer Einrichtungen gehen. Hochschulen sind Zukunftslabore für

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Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Als Schlüsselakteur*innen unseres Innovations- und Bildungsökosystems tragen sie die Verant- wortung für die Bildung der Gestalter*innen unserer Zukunft und für die Erneuerungsfähigkeit von Wissenschaft und Gesellschaft. Wir wol- len die nationale Forschungsdateninfrastruktur stärken und die Chan- cen der europäischen Cloud für Wissenschaft und Forschung ergreifen. Zu einer zukunftsfesten Infrastruktur an den Hochschulen gehören moderne Bibliotheken, Lehr- und Lernräume, die klimafreundliche Sanierung von in die Jahre gekommenen Hochschulbauten sowie Nachhaltigkeit und Klimaschutz für Neubauten in der Wissenschaft. Auch wollen wir den Nationalen Aktionsplan „Bildung für Nachhal- tige Entwicklung“ vollumfänglich umsetzen und auch an den Hoch- schulen die Entwicklung neuer Lehr- und Lernformate unterstützen, um den großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit begegnen zu können. Wir wollen die Einheit von Forschung und Lehre an den Hochschulen stärken. Um gute Lehre für alle Studierenden sicherzustellen, wollen wir Betreuungsrelationen verbessern und die „Stiftung Innovation in der Hochschullehre“ stärken, um beste Praxis in die Fläche zu bringen. Gute Lehre ist für uns studierendenzent- riert, forschungs- und projektorientiert, sie basiert auf Methoden- und Perspektiven-Vielfalt, sie stärkt Neugierde und Gestaltungskompe- tenz. Gemeinsam mit den Ländern wollen wir darauf hinwirken, dass Studierende Zugang zu guten Beratungsdienstleistungen haben. Mit einer Offensive für studentisches Wohnen fördern und sichern wir günstigen Wohnraum für Studierende.

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Rassismus trifft uns nicht alle, aber er geht uns alle an. Wenn wir als Gesellschaft lernen, Vielfalt als kulturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Reichtum zu begreifen, schützen wir uns gegensei- tig vor Gewalt, Hetze, Ausgrenzung, Frauenhass, Queerfeindlichkeit und Rassismus. Aber das reicht noch nicht. Wir wissen, dass aus dis- kriminierenden Worten Taten werden. Die Angriffe von Demokratie- feind*innen, insbesondere von rechts, treffen unsere demokratische Gesellschaft bis ins Mark. Sie zielen auf Menschen beim Beten, beim ausgelassenen Beisammensein oder in den Institutionen des Staates. Ihnen muss mit einer antirassistischen und antifaschistischen Hal- tung klar entgegengetreten werden. Unsere Demokratie muss wehr- haft dagegenhalten, mit einer starken Zivilgesellschaft, selbstbewuss- ten Parlamenten, einer gut ausgestatteten und bürger*innennahen Polizei und einer schnell handlungsfähigen, unabhängigen Justiz. Es ist Aufgabe der Politik, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.

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Wer mit einer digitalen Identität ausgestattet ist, kann sich bequem authentifizieren und sicher kommunizieren. Was in skandinavischen Ländern schon lange Praxis ist – Behördengänge einfach mit dem Smartphone erledigen zu können –, wollen wir auch hier erreichen und dabei auch von Anfang an Möglichkeiten für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ganzheitlich denken. Wir wollen digitale Service- angebote der Verwaltung als Plattform für Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft begreifen und durch modulare sowie sichere Kom- ponenten einen Mehrwert für alle schaffen. Bestehende Systeme wollen wir zusätzlich öffnen und ermöglichen, dass öffentliche Stel- len auch Identitätsmerkmale bestätigen können. So wollen wir eine Identitätsinfrastruktur schaffen, die es natürlichen und juristischen Personen erlaubt, ihre digitale Identität mit Hilfe von Smartphones, Onlinediensten oder Ausweisdokumenten zu nutzen. Mit Offenheit und Technologieneutralität wollen wir EU-weit interoperable digi- tale Identitäten zu einer Basisinfrastruktur unseres digitalen Gemein- wesens machen. Für die Kommunikation mit der öffentlichen Hand wollen wir ein offenes System schaffen, das einen Ende-zu-Ende-ver- schlüsselten Austausch von Nachrichten ermöglicht. Bürger*innen sollen einen Anspruch auf die digitale Zustellung von Behördendo- kumenten erhalten. Dabei benötigen Menschen, die nur analog unter- wegs sind, Unterstützung durch Weiterbildung und Hilfe. Jede Person soll mit einer kostenfreien digitalen Identität ausgestattet sein, um sich digital ausweisen und digital unterschreiben zu können. Ein sol- ches Smartphone-Wallet kann in allen Sektoren verwendet werden. Im Rahmen einer ganzheitlichen E-Government-Strategie wollen wir einen Mobilpass für unterschiedlichste Mobilitätsangebote, Service- angebote der Verwaltung, E-Health- und E-Justice-Infrastrukturen und auch digitale Beteiligungsformate ermöglichen. Gleichzeitig wollen wir die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen, dass auch die Wirt- schaft branchenübergreifend dieses Verfahren nutzen kann, etwa für sichere Loginverfahren, Finanz- und Versicherungsdienstleistun- gen oder durch digitale Vollmachten erlaubte Zugriffe auf öffentli- che Register, etwa zur Verifikation von Führerscheinen. Die EU und Deutschland müssen bei hoheitlichen digitalen Identitäten Vorreiter sein und Vertrauen durch Souveränität schaffen.

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Der Zugang zu staatlichen Datenbeständen ermöglicht innovative, elektronische Dienstleistungen sowie neue demokratische Beteili- gungsmöglichkeiten. Auch für neue technologische Anwendungen ist der geregelte Zugang zu offenen Daten aus staatlichen Beständen wichtig. Durch die Vorlage eines Bundestransparenzgesetzes werden wir staatliche Datenbestände der Allgemeinheit nach den Prinzipien der Open Data zur Verfügung stellen. So heben wir den Schatz von mit öffentlichen Mitteln erwirtschafteten, nicht personenbeziehba- ren Daten. Das bestehende Datenportal GovData wollen wir zu einem zentralen und nutzerfreundlichen Open- und E-Government-Portal ausbauen. Zur Sicherung umfassender, gleichberechtigter Teilhabe und einer souveränen Verwaltung wollen wir, wo immer dies möglich ist, offene Standards, Schnittstellen und Software nutzen, die entste- hende Software unter freier Lizenz veröffentlichen und werden sie als Standard in die Vergabe- und Vertragsordnungen für öffentliche Gelder aufnehmen.

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Klimaneutrale Bundesverwaltung

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Klimaschutz braucht Vorreiter und Vorbilder. Wir wollen, dass die Bun- desverwaltung endlich beides wird. Die Bundesverwaltung muss kli- maneutral werden. Das umfasst sowohl die Versorgung mit Ökostrom und den Fuhrpark der Bundesbehörden als auch die Gebäude des Bundes, die mit erneuerbaren Heiz- und Kühlsystemen ausgestattet und umfassend energetisch modernisiert werden. Mit der Einführung eines Solarstandards über Neubauten hinaus werden die Dächer der Bundesbehörden zu Kraftwerken. Bei Dienstreisen sind Flugreisen auf ein Minimum zu begrenzen. Zudem sorgen wir dafür, dass der Bund seine Beschaffung und seine Förderkriterien an der Einhaltung von ökologischen, Menschenrechts- und sozialen Standards orientiert. Bei der Ausschreibung und Förderung von öffentlichen Vorhaben wollen wir bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung einen CO2-Schattenpreis zugrunde legen. So geht die Politik mit gutem Beispiel voran.

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Corona- und Klimakrise führen uns vor Augen, mit welch großen Her- ausforderungen Regierung und Verwaltung heute umgehen müssen. Wir wollen, dass die öffentliche Verwaltung in die Lage versetzt wird, vorausschauend zu handeln und sich zugleich zügig und konsequent an ihre jeweiligen Aufgaben anpassen zu können. Dafür braucht es eine Kultur behördlicher Zusammenarbeit sowie der Ermöglichung innovativer Ansätze. Innovationseinheiten und agile Projektteams in den Behörden sollen diesen Kulturwandel befördern und zugleich für Zusammenarbeit über alle Ebenen hinweg sorgen. Flexible Arbeits- zeiten und eine positive Fehlerkultur stärken die Akzeptanz neuer Verhaltensmuster. Die Behörden sollen eng und transparent mit Wis- senschaften, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammenarbeiten, sich untereinander vernetzen sowie neue Ideen testen. Künstler*innen und

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rung, Bundesministerien und Bundestag nachschärfen und die vie- len Ausnahmen für maßgebliche Akteur*innen abschaffen. Mit dem legislativen Fußabdruck schaffen wir Klarheit, wer bei der Entstehung von Gesetzen Einfluss nimmt. Interessenskonflikte wollen wir stärker in den Blick nehmen und den Wechsel aus Regierungsämtern in die Wirtschaft während einer Karenzzeit von zwei Jahren prüfen lassen. Für Abgeordnete ist das freie Mandat der Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. In Zukunft werden Einkünfte aus Nebentätigkeiten auf Euro und Cent veröffentlicht, für Unternehmensbeteiligungen und Aktienoptionen gibt es striktere Regeln und Spenden an Abgeordnete und die Lob- bytätigkeit für Abgeordnete werden verboten. Die Anwendung dieser Maßnahmen soll evaluiert werden. Für Nebenverdienste von Abge- ordneten wollen wir zudem eine verpflichtende Angabe der Branche. Unabhängige Kontrolle stärkt die Transparenz und Integrität. Zur wir- kungsvollen Bekämpfung von Korruptionsfällen braucht es eine Neu- fassung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung und eine Überarbeitung der Beweisanforderungen. Spenden an Parteien müs- sen transparenter gemacht werden. Deshalb wollen wir striktere Ver- öffentlichungsregeln. Parteispenden sollen auf natürliche Personen beschränkt und auf einen jährlichen Höchstbetrag von 100.000 Euro je Spender*in gedeckelt werden. Schon ab 5.000 Euro sollen Spen- den im Rechenschaftsbericht genannt werden, ab 25.000 Euro soll die Pflicht zur sofortigen Veröffentlichung greifen. Solange es keine gesetzliche Regelung gibt, wenden wir die über das Parteiengesetz hinausgehenden Regelungen unseres Spendenkodex an. Für das Par- teiensponsoring wollen wir endlich eine gesetzliche Regelung und eine Veröffentlichung ab dem ersten Euro und eine jährliche Höchst- grenze je Sponsor*in einführen. Das Parteiengesetz und die unab- hängige Kontrolle werden wir stärken, damit verdeckte Wahlkampf- finanzierung besser bekämpft werden kann. Politische Werbung und Kampagnen im Netz müssen transparenter werden – solange es keine verpflichtenden Regulierungen gibt, gehen wir mit unserer Selbstver- pflichtung voran.

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Unser Alltag wird immer häufiger von Teilhabe an und Zugang zu Soft- ware geprägt. Freie und offene Software bildet dabei die Grundlage unzähliger Anwendungen, seien es digitale Lernplattformen, sichere Anwendungen für die Heimarbeit, Stärkung der IT-Sicherheit mit guter Verschlüsselung oder sichere und einfache Abstimmungsmög- lichkeiten in der Vereins- und Parteiarbeit. Sie spielt in immer mehr gesellschaftlich relevanten Bereichen eine entscheidende Rolle und ist Grundlage für unsere Anforderungen in Bezug auf Offenheit, Teil- habe und Sicherheit. Doch oftmals fehlt es den Entwickler*innen an Unterstützung, diese dauerhaft auf dem neuesten Stand der Technik zu halten und anwendungsfreundlich, barrierefrei und inklusiv zu gestal- ten. Wir treten daher dafür ein, eine eigenständige öffentliche Förder- stiftung zu schaffen, die gesellschaftlich relevante, freie und offene Software fördert, deren Ergebnisse Gesellschaft, Wissenschaft, Schu- len, Wirtschaft und Verwaltung zur Verfügung stehen und barriere- frei zugänglich sind. Durchgehende Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen schützen Grundrechte, schaffen Vertrauen in digitale Anwendungen und müssen zum Standard bei allen staatlichen IT-Vorhaben werden.

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Feminismus nimmt alle in den Blick und schafft Selbstbestimmung, Teilhabe und Gerechtigkeit. Ziel ist eine Gesellschaft, in der alle unab- hängig vom Geschlecht selbstbestimmt leben und auch Frauen über- all gleichberechtigt mitgestalten können – von der Arbeitswelt bis in die Parlamente. Das ist eine Aufgabe für alle Geschlechter. Dafür braucht es auch Männer, die für eine Gesellschaft einstehen, in der Macht, Möglichkeiten und Verantwortung gerecht geteilt werden und Sexismus entschieden bekämpft wird. Geschlechtergerechtigkeit ist eine Querschnittsaufgabe, die wir intersektional denken. Mit einem Gender-Check wollen wir prüfen, ob eine Maßnahme oder ein Gesetz die Gleichberechtigung der Geschlechter voranbringt, und dort, wo es ihr entgegensteht, dementsprechend eingreifen. Die Vergabe öffent- licher Aufträge soll auch Kriterien der Geschlechtergerechtigkeit berücksichtigen. Die neu geschaffene Bundesstiftung Gleichstellung werden wir zu einer effektiven, verlässlich finanzierten und unabhän- gigen Institution ausbauen, die gesichertes Wissen zu den Lebens- lagen aller Geschlechter bereitstellt und wirksame Maßnahmen für Gleichberechtigung entwickelt, bündelt und für Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit zugänglich macht. Hierfür leisten die Sozialwis- senschaften und die Genderstudies einen unverzichtbaren Beitrag. Wir brauchen eine verbindliche Gleichberechtigungsstrategie, die alle Lebens- und Politikbereiche umfasst, ressortübergreifend arbeitet und die Erkenntnisse in umsetzbare Ziele übersetzt. Es wird Zeit für eine feministische Regierung, in der Menschen aller Geschlechter gleicher- maßen für Geschlechtergerechtigkeit eintreten.

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Deutschland verfügt über ein herausragendes Netz von Akteur*innen, die im Katastrophenfall handlungsfähig sind. Das Rückgrat hierfür bilden die überwiegend freiwilligen Mitglieder der Hilfsorganisati- onen, Feuerwehren und des Technischen Hilfswerks. Die Klimakrise und die Herausforderungen unserer modernen Gesellschaft setzen dieses System unter Druck. Gerade länderübergreifende Katastro- phen, wie Pandemien, Hochwasserereignisse, Waldbrände oder flä- chendeckende Stromausfälle, haben ein enormes Schadenspotenzial und erfordern koordiniertes Handeln, wenn einzelne Länder an ihre Grenzen stoßen. Wir wollen, dass sich der Bund hier stärker engagiert und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mehr Kompetenzen bekommt. Das freiwillige und Spontanhelfer*in- nen-Engagement wollen wir weiter stärken und für digitale Bereiche, zum Beispiel über ein Cyber-Hilfswerk, fit machen. Außerdem setzen wir uns für eine Stärkung des gesundheitlichen Bevölkerungsschut- zes ein, um die interdisziplinäre Bekämpfung von zukünftigen Pande- mien sicherzustellen.

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Abgasmanipulationen, Missstände in Pflegeeinrichtungen, der Ver- kauf von Facebook-Nutzerdaten – kaum einer der großen Wirtschafts- skandale der vergangenen Jahre wäre ohne die Hinweise aus den Unternehmen überhaupt an die Öffentlichkeit gelangt. Missstände in Unternehmen, Behörden und anderen Bereichen wie Doping im Sport bis hin zu kriminellen Aktivitäten in Unternehmen und Behörden brauchen mutige Menschen, die sie ans Licht bringen. Diese „Whistle- blower*innen“ müssen im Interesse von uns allen besser vor Repres- salien aus dem Aus- und Inland, gesundheitlichen, finanziellen und sozialen Folgen ihrer Meldung geschützt werden. Das werden wir mit einem Hinweisgeberschutzgesetz, das die EU-Whistleblower-Richt- linie ambitioniert und umfassend auch für das gesamte nationale Recht umsetzt, erreichen. Darin festgeschrieben sind ein zweistufiges Meldeverfahren sowie ein Entschädigungsfonds, mit dem das per- sönliche Risiko minimiert wird. Die Furcht vor einem ökonomischen und persönlichen Schaden als Hemmnis für eine Hinweisgabe soll so

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Korruption, Steuerhinterziehung, Geldwäsche oder Manipulationen im Finanzmarkt sind Rechtsverstöße, die verheerende Auswirkun- gen auf den Wettbewerb und den freien Markt, für Umwelt und Men- schen(rechte) haben können. Wirtschaftsstraftaten machen einen Großteil der polizeilich erfassten finanziellen Schädigungen aus. Bei Rechtsverstößen werden wir Unternehmen deshalb künftig wirksa- mer zur Rechenschaft ziehen. Ziel ist, die bereits verstreut bestehen- den Regelungen in einem eigenständigen Gesetz gegen Wirtschafts- kriminalität zusammenzufassen und zu ergänzen. Um zu verhindern, dass Rechtsverstöße von Unternehmen wegen organisierter Unver- antwortlichkeit nicht geahndet werden können, soll künftig auch an das Organisationsverschulden angeknüpft werden können. Die Pflicht zum Nachweis der legalen Herkunft großer Zahlungen wollen wir verstärken. Sanktionen müssen gemäß den EU-Vorgaben wirksam, angemessen und abschreckend sein, zum Beispiel indem unrechtmä- ßiger Gewinn bei der Abschöpfung geschätzt werden darf und die nötigen Ressourcen dafür bereitgestellt werden. Den Sanktionskata- log wollen wir um weitere Maßnahmen, wie den Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge, die Schadenswiedergutmachung sowie verpflichtende Vorkehrungen für Unternehmen zur Verhinderung von Straftaten, erweitern und ein öffentliches Sanktionsregister einführen.

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Menschen müssen ihr Recht auch gegenüber wirtschaftlich Stärke- ren wirksam durchsetzen können, zum Beispiel in Fällen wie dem Diesel-Abgas-Betrug. Dazu führen wir die Gruppenklage ein, damit Menschen auch bei kleineren, aber massenhaft auftretenden Schäden effektiv zu ihrem Recht kommen und zum Beispiel Schadensersatz bekommen. Die bisher eingeführten kollektiven Klageverfahren, wie die Musterfeststellungsklage, die nur Verbraucher*innen zusteht, und

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Der Kulturbetrieb und die Künste können eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Klimakrise spielen. Es gibt viele Initiativen und Akteur*innen, die mit großem Einsatz versuchen, ressourcenschonen- der zu arbeiten und den Kulturbetrieb ökologisch auszurichten. Die- ses Engagement werden wir durch eine zentrale Beratungsstelle, den Green Culture Desk, unterstützen und einen Green-Culture-Fonds als Förderinstrument einrichten. Künstler*innen geben außerdem wich- tige Impulse für die nachhaltige Transformation. Wir wollen im Sinne eines Fonds für Ästhetik und Nachhaltigkeit ein Instrument zur ressort- übergreifenden, transdisziplinären Förderung schaffen, das den Auf- bau von langfristigen Strukturen ermöglicht sowie freie Experimen- tier- und Handlungsräume schafft. Damit sind auch hybride Modelle der Kooperation zwischen Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Akteur*innen der Zivilgesellschaft gemeint.

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men zur Daseinsvorsorge, deshalb wollen wir, dass Bewegungs- und Sportflächen in der Wohnungsbaupolitik und Quartiersplanung fest verankert und die bestehenden Anlagen unter Beachtung der ener- getischen Vorschriften durch die Kommunen saniert werden können. Dazu gehören auch insbesondere Schwimmsportstätten, denn unser Anspruch ist, dass jedes Kind schwimmen lernen kann. Das wollen wir mit einem Bundesprogramm zur Sanierung und Instandsetzung von Schwimmstätten erreichen. Sportgroßveranstaltungen sollen klimaneutral, sozial, nachhaltig und menschenrechtskonform ermög- licht, ihre Kosten transparent dargestellt werden, sodass sie auch einen bleibenden Infrastrukturgewinn für die Bürger*innen vor Ort schaffen. Dafür braucht es eine bundesweit einheitliche und föderal abgestimmte Gesamtstrategie, bei der von Beginn an Bürger*innen- beteiligung Teil der Planung ist. Das Prinzip Prävention ist die beste Vorsorge, daher wollen wir für alle zugängliche öffentliche Bewe- gungsräume unterstützen, die es auch Menschen mit einem gerin- gen Einkommen ermöglichen, Sport zu betreiben. E-Sport ist längst kein Nischenthema mehr und begeistert immer mehr Menschen. Wir wollen neue Wege in Sport- und Jugendvereinen ermöglichen – mit der Anerkennung der Gemeinnützigkeit für E-Sport stärken wir ehrenamtliches Engagement. Potenziale für Nachwuchsgewinnung in IT- und Kreativwirtschaft wollen wir aktivieren. Die Entwicklungen von E-Sport und Gaming werden wir insbesondere im Hinblick auf Diversität, Nachhaltigkeit, Jugendschutz sowie Medienkompetenz för- dern und zusammen mit Gamer*innen, Verbänden und Wissenschaft gestalten; gemeinsam mit allen Akteur*innen stellen wir uns gegen Diskriminierung und Hatespeech.

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von Trainer*innen im Ehrenamt und Hauptberuf wollen wir aufwerten. Bei der Doping-Prävention und im Anti-Doping-Kampf stärken wir die NADA und fordern auf internationaler Ebene weitreichende Reformen der WADA, die ihre Aufgaben vollständig unabhängig ausführen und Athlet*innen echte Mitbestimmung ermöglichen muss. Die Dopingver- gangenheit gilt es lückenlos aufzuklären, Dopingopfer unterstützen wir angemessen. Auch Korruptionsskandale auf höchster Ebene der Sportfunktionär*innen sowie die zunehmende Kommerzialisierung bedrohen den Spitzensport. Gerade beim Fußball als Publikumssport gilt es die Partizipationsmöglichkeiten von Fans zu erhöhen und ihn wieder stärker gesellschaftlich zu verankern. Deswegen sollen Trans- parenz und Good Governance auch im Sport vorangetrieben werden. Die Einhaltung von Menschenrechten muss von Sportverbänden auf Grundlage der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte umgesetzt und bei der Vergabe von Sportgroßereignissen zur Voraus- setzung gemacht werden. Wir setzen uns für eine nationale Strategie gegen psychische, physische und sexualisierte Gewalt im Sport ein, bei der der Aufbau eines unabhängigen Zentrums für Safe Sport ein inte- graler Bestandteil ist. Gegen Rechtsextremismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im Sport gehen wir mit einem langfristigen finanziell starken Bundesprogramm vor, das von einer unabhängigen Stelle beraten wird. Für die sozialpädagogischen Fußballfanprojekte und deren Koordinationsstelle sichern wir verläss- liche Rahmenbedingungen. Wir schützen die Bürger*innenrechte von Fans und diese vor ausufernden Datensammlungen und Kollektivstra- fen. Noch immer vorhandene sexistische Strukturen müssen aufgebro- chen und Sportstätten gendersensibel geplant werden.

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Mehr Transparenz stärkt die europäische Demokratie und das Ver- trauen der Bürger*innen in Politik. Um nachvollziehbar zu machen, wofür die Regierungen der Mitgliedstaaten in Brüssel eintreten, setzen wir uns für Fristen im Rahmen der Gesetzgebung ein, bis zu denen eine öffentliche Debatte im Rat stattgefunden haben muss. Dabei müssen alle Regierungen ihre aktuelle Position zum Vorschlag der Ratspräsidentschaft vorlegen. In einer deutschen Bundesregie- rung gehen wir hierbei mit gutem Beispiel voran. Auch den Zugang zu EU-Dokumenten wollen wir substanziell weiterentwickeln. Die EU arbeitet bei Interessensvertreter*innen bereits transparenter als der Bundestag. Wir wollen weitere Schritte gehen – mit einem verbind- lichen Lobbyregister für alle EU-Institutionen, strikteren Karenzzeiten beim Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft und einem „legislativen Fußabdruck“, durch den die Einflussnahme auf Gesetzgebung über- prüfbarer wird, kontrolliert durch eine unabhängige Ethikbehörde, die Sanktionen verhängen kann.

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Die großen Herausforderungen unserer Zeit sind global: Pandemien, die Klima- und Biodiversitätskrise, Hunger, Urbanisierung, Migration und die sozial-ökologische Transformation als besondere Aufgabe. Wir können sie nur gemeinsam meistern. Jahrelang hat Deutsch- land in Europa und der Welt aber allenfalls moderiert, oft gezögert, ist abgetaucht. Es ist Zeit, wieder eine kooperative und aktive Poli- tik zu betreiben und als gestaltende Kraft voranzugehen im Sinne einer multilateralen und vorsorgenden, einer kohärenten und werte- geleiteten Politik – stets europäisch und entlang einer verlässlichen deutsch-französischen Zusammenarbeit, mit unseren Partner*innen innerhalb und außerhalb Europas, transatlantisch und im Rahmen der Vereinten Nationen.

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Gestützt auf die Agenda der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, das Pariser Klimaabkommen, internationale Menschen- rechtsnormen und die rechtebasierte internationale Ordnung set- zen wir uns für eine wirkungsorientierte globale Strukturpolitik ein, die den Schutz und die Bereitstellung globaler Gemeingüter, eine gerechte Verteilung von Ressourcen und Wohlstand sowie Entwick- lungschancen für alle als beste Vorsorge gegen die Klima- und Bio- diversitätskrise, Konflikte, Gewalt oder das unermessliche Leid von Hunger, Flucht und Vertreibung begreift. Wir wollen dazu auch eine europäische Politik der globalen Vernetzung und Konnektivität voran- treiben und begrüßen entsprechende Partnerschaften

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einmaliges Zuhause. Gerade weil wir überzeugte Europäer*innen sind, streiten wir für ihre stetige Fortentwicklung. Wir arbeiten für eine europäische Wertegemeinschaft, die ihre Abhängigkeit von Dritten in kritischen Bereichen ab- und ihre Souveränität und strategische Handlungsfähigkeit ausbaut – in einem Gleichgewicht von Koopera- tion, wo möglich, und Eigenständigkeit, wo nötig. So eine EU ist in der Lage, kritische Infrastruktur und globale Gemeingüter bereitzustel- len und zu schützen, global für das Völkerrecht und die universalen Menschenrechte einzustehen. Ein wichtiges Fundament dafür ist es, Spaltung und antidemokratischen Bestrebungen innerhalb Europas entgegenzutreten. Mit dem größten Binnenmarkt der Welt hat die EU wirtschaftlich erheblichen Einfluss. Diesen Hebel wollen wir nutzen, um die globale Transformation gerecht zu gestalten und ambitio- nierte Standards zu setzen.

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Der erheblichen Widerstände und Dilemmata, die das bedeu- tet, sind wir uns bewusst. Mit ihrem autoritären Hegemonialstreben zwingen Staaten wie China und Russland, die Menschen- und Bür- ger*innenrechte systematisch aushebeln, andere Staaten nicht nur in wirtschaftliche und politische Abhängigkeit, sondern sie wollen auch Europa spalten. Zugleich wird eine globale sozial-ökologische Transformation ohne China, auch ohne Russland oder Brasilien, nicht möglich sein. Das allein zeigt: Der globale Systemwettbewerb mit autoritären Staaten und Diktaturen ist real, lässt bisweilen nur die Wahl zwischen Regen oder Traufe – und stellt uns vor derart beacht- liche Aufgaben, dass jede Form des Alleingangs zum Scheitern ver- urteilt wäre. Mit einer Demokratieoffensive treten wir diesem Trend entgegen und stärken die globale Zusammenarbeit von Demokratien und Demokrat*innen. In eine Partnerschaft für Demokratie sollten die Länder, zivilgesellschaftlichen Gruppen und Parlamentarier*in- nen einbezogen werden, die sich zu ambitionierten demokratischen Standards bekennen. Zudem wollen wir die Stärkung von demokra- tischer Rechtsstaatlichkeit, regionaler Integration, Zivilgesellschaft und Menschenrechten ressortübergreifend besser koordinieren und ausbauen. Wir präferieren die regelbasierte, multilaterale Zusammen- arbeit gegenüber informellen Formaten.

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Mehr denn je bedrohen Klimaveränderungen und der Verlust von Artenvielfalt menschliche Sicherheit und Freiheit sowie die nachhal- tige Entwicklung – überall auf der Welt. Die Zeit drängt. Darum braucht es in den nächsten Jahren einen energischen Schub für eine sozial- ökologische Transformation. Die nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030 und des Klimaabkommens von Paris waren ein Aufbruch. Alle Länder sind seitdem verpflichtet, bei sich zu Hause anzufangen und ihren Beitrag für die gemeinsame Aufgabe zu leisten – schließlich sind es unsere Entscheidungen in Wirtschaft und Handel, bei Agrar- oder Rüstungsexporten, die sich weltweit stark auf Klima, Artenschutz und globale Gerechtigkeit auswirken. Wir wollen alle Politikbereiche in Deutschland auf die Transformation ausrichten und für ein strategi- sches und kohärentes Handeln in allen Ressorts und Politikbereichen

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einen Nationalen Rat für Frieden, Nachhaltigkeit und Menschenrechte einrichten sowie einen Nachhaltigkeits- und Menschenrechts-TÜV ein- führen, mit dem relevante Gesetzesentwürfe auf Vereinbarkeit mit den VN-Nachhaltigkeits- und -Klimazielen sowie Menschenrechtsabkom- men überprüft werden. Auch international wollen wir neuen Schwung in die sozial-ökologische Transformation bringen, indem wir auf eine verbindliche Transformationsquote hinwirken und insbesondere die Länder des globalen Südens in diesem Prozess unterstützen. Wir bün- deln die Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit, internationale Klimafinanzierung und Teile der humanitären Hilfe, um eine globale Transformation entlang der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Natio- nen und der Pariser Klimaziele zu finanzieren. Dabei halten wir unsere internationalen Zusagen für Entwicklungszusammenarbeit, Klimafi- nanzierung und Biodiversität ein. Deutschlands Beitrag dazu ist, die ODA-Quote, also den Anteil der öffentlichen Ausgaben für Entwick- lungszusammenarbeit am Bruttonationaleinkommen, von 0,7 Prozent bis 2025 zu erreichen und weitere 10 Milliarden Euro zur internatio- nalen Klimafinanzierung bereitzustellen.

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Klimaaußenpolitik und globale Klimagerechtigkeit

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Wir verfolgen eine ambitionierte, nachhaltige und menschenrechts- konforme Klimaaußenpolitik und setzen uns für globale Klimage- rechtigkeit ein: Wir machen Klimaneutralität sowie die Bewältigung von Klimafolgen zu einer ressortübergreifenden strategischen Priori- tät unseres internationalen politischen Handelns. So wollen wir auch der historischen Verantwortung von Deutschland und Europa gerecht werden. Internationale Kooperation für Klimagerechtigkeit ist klima- politisch notwendig, verfolgt die Erreichung der nachhaltigen Ent- wicklungsziele, beugt Ressourcenkonflikten vor und sichert Frieden. Denn die Länder des globalen Südens haben wachsende Energiebe- darfe: Mit Klima- und Entwicklungspartnerschaften wollen wir Inno- vation für Klimaneutralität global vorantreiben, den massiven Ausbau erneuerbarer Energien unterstützen und Anpassung stärken, damit die Weltgemeinschaft auf den 1,5-Grad-Pfad kommen kann. Wir wol- len Win-win-Situationen für Europa und seine Nachbarstaaten sowie für Länder mit großen Potenzialen für erneuerbare Energien schaf- fen und somit postkolonial sensibel unseren Bedarf an grüner Ener-

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gie sichern: grünen Wasserstoff statt Öl- und Gasimporte. Wir stärken die personellen und finanziellen Mittel Deutschlands und der EU für Klimaaußenpolitik sowie für globale Klimagerechtigkeit und richten unsere diplomatischen Fähigkeiten gezielt auf eine klimagerechte Politik aus. Die bestehenden internationalen Fonds für Klimaanpas- sung und Klimaschutz wollen wir besser ausstatten und setzen uns für einen zusätzlichen Fonds zum Ausgleich von Schäden und Verlusten ein, um daraus zum Beispiel Klimarisikoversicherungen zu finanzie- ren. Förderungen fossiler Energieträger in unserer Entwicklungs- und Exportfinanzierung werden wir beenden. Entwicklungs- und Inves- titionsbanken wie die Weltbank oder die KfW sollen zu Transforma- tionsbanken umgebaut werden.

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Klima und Umwelt schützen, Menschenrechte achten

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Der Schutz der Menschenrechte verpflichtet zum Klima- und Umwelt- schutz, umgekehrt schützt Klima- und Umweltschutz Menschenrechte. Wir treten für verbindliche Mechanismen zum Schutz von Menschen ein, die aufgrund von Extremwetterereignissen oder schleichender Umweltveränderung ihre Lebensgrundlage verlieren und ihre Heimat verlassen müssen. Insbesondere regionale Ansätze, die den Betroffe- nen eine selbstbestimmte und würdevolle Migration ermöglichen und ihnen Aufenthaltsperspektiven schaffen, unterstützen wir. Zugleich wollen wir jene Staaten in die Pflicht nehmen, die historisch am meis- ten zur Erderwärmung beigetragen haben, um dem Verantwortungs- prinzip im Umweltvölkerrecht Rechnung zu tragen und Heimat- und Aufnahmeländer klimabedingter Migration zu unterstützen. Die „Task Force on Displacement“ der Klimarahmenkonvention UNFCCC wol- len wir strukturell stärken und setzen uns dafür ein, dass ihre Emp- fehlungen ebenso umgesetzt werden wie der Globale Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration sowie der Globale Pakt für Flüchtlinge. Es braucht auch die Stärkung des Rechts indigener Gemeinschaften. Initiativen zur Stärkung des Rechtswegs, auch gegen multilaterale Investitionsbanken und das Instrument der Klimaklagen unterstützen wir. Die französische Initiative, das Umweltvölkerrecht zu kodifizieren und zu konsolidieren, greifen wir auf und machen uns dafür stark, in einem ersten Schritt das Recht auf saubere Umwelt in einer Resolution der VN-Generalversammlung zu verbriefen. Da Ver-

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Durch die Corona-Pandemie sind Armut und Ungleichheit weltweit dramatisch angestiegen. Armutsbekämpfung und gerechte Teilhabe sind zentrale Ziele unseres internationalen Engagements. Wir unter- stützen Länder dabei, eine sozialorientierte Wirtschafts- und Steuer- politik zu verfolgen. Wir setzen uns dafür ein, dass Menschen weltweit sozial abgesichert werden, auch über Social Cash Transfers, und dass Kinder und Jugendliche Zugang zu hochwertiger Schul- und Berufs- ausbildung erhalten. Gemeinsam mit unseren Partnerländern wollen wir den Aufbau nachhaltiger und rechtebasierter sozialer Sicherungs- systeme fördern. Grundsätzlich sollen soziale Sicherungsprogramme einfach zugänglich sein und die vulnerabelsten Gruppen erreichen, die Geschlechtergerechtigkeit herstellen und den sozialen Zusam- menhalt stärken. Um die Effektivität aller Maßnahmen zu erhöhen, wollen wir Wirkungsevaluierung, Transparenz sowie den Austausch mit der Wissenschaft stärken.

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Ohne die Vereinten Nationen ist die multilaterale Zusammenarbeit an der sozial-ökologischen Transformation nicht zu meistern. Ihre Instituti- onen versorgen überall auf der Welt Millionen von Geflüchteten, stellen Bildungsmöglichkeiten, Nahrung und Gesundheitsleistungen zur Ver- fügung. Sie vermitteln in unzähligen Kriegen und Konflikten und sind der Rahmen, in dem die beiden wichtigsten multilateralen Abkommen der vergangenen Jahre ausgehandelt worden sind: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und das Pariser Klimaschutzabkommen. Das Engagement Deutschlands und der EU für die Vereinten Nationen wer- den wir finanziell, personell und diplomatisch substanziell verstärken, besser koordinieren und internationale Vereinbarungen konsequent in nationale und europäische Politik umsetzen. So schaffen wir die Vor- aussetzungen für notwendige Reformen des VN-Systems. Der Sicher- heitsrat und andere Organe der Vereinten Nationen sollten an die Rea- litäten des 21. Jahrhunderts angepasst werden. Dabei geht es um eine gerechtere Repräsentation der Regionen im Sicherheitsrat. Das Kon- zept der Vetomächte ist nicht mehr zeitgemäß. Wir zielen darauf, dass das Vetorecht langfristig abgeschafft wird. Als Zwischenschritt sollte im Falle von schwersten Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein Veto im Sicherheitsrat mit einer Begründung und einem Alternativvorschlag versehen werden. Wenn der Sicherheitsrat im Falle von schwersten Menschenrechtsverletzungen anhaltend blockiert ist, soll die General- versammlung an seiner Stelle nach dem Vorbild der „Uniting for Peace“- Resolution über friedenserzwingende Maßnahmen, also diplomatische Maßnahmen, Sanktionen oder militärische Maßnahmen gemäß Kapitel VII der UN-Charta, mit qualifizierter Mehrheit beschließen.

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Die transatlantische Partnerschaft bleibt ein zentraler Stützpfeiler der deutschen Außenpolitik, jedoch muss sie erneuert, europäisch gefasst, multilateral und an klaren gemeinsamen Werten und demokratischen Zielen ausgerichtet werden. Als Kern einer erneuerten transatlanti- schen Agenda der EU wollen wir einen gemeinsamen starken Impuls für die weltweite Klimapolitik, ausgehend von den Pariser Klimazielen, geben. Besonders mit der Etablierung einer starken Klimapartnerschaft kann die transatlantische Partnerschaft Inspiration und Treiber für eine sozial-ökologische Transformation, die weltweit höchste Standards setzt, sein. Wir setzen auch bei der Stärkung des Multilateralismus, in Handelsfragen sowie bei der Gesundheit auf eine gute Kooperation mit den USA. Wir wollen uns gemeinsam für den weltweiten Menschen- rechtsschutz, die Weiterentwicklung internationaler Rechtsnormen, globale Rüstungskontrolle und Abrüstung, eine regelbasierte Weltord-

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China ist Europas Wettbewerber, Partner, systemischer Rivale. Wir ver- langen von China ein Ende seiner eklatanten Menschenrechtsverlet- zungen, etwa in Xinjiang und Tibet und zunehmend auch in Hongkong. Es braucht auch einen konstruktiven Dialog mit China, der dort eine Kooperation sucht, wo es zu konstruktiver Zusammenarbeit bereit ist, und klare Gegenstrategien bereithält, wo China systematisch versucht, internationale Standards zu schwächen. Insbesondere in der Klima- politik streben wir gemeinsame politische, wirtschaftliche und techno- logische Anstrengungen sowie eine Einhaltung von nachhaltigen Pro- duktionsstandards und einen transparenten Fahrplan zur Bekämpfung der Klimakrise, beispielsweise durch einen Kohleausstieg, in China an. Kooperation mit China darf nicht zu Lasten von Drittstaaten oder von Menschen- und Bürger*innenrechten gehen. Wir halten uns an die „Ein-China-Politik“ der Europäischen Union und betonen, dass die Ver- einigung mit Taiwan nicht gegen den Willen der Bevölkerung Taiwans erzwungen werden darf. Gleichzeitig wollen wir den politischen Aus- tausch mit Taiwan ausbauen. Unsere Handelsbeziehungen mit China wollen wir nutzen, um fairen Marktzugang für ausländische Investi- tionen, Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen ein- zufordern. Wir erwarten, dass China die entscheidenden Kernnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ratifiziert und jede Form von Zwangsarbeit beendet. Das EU-Lieferkettengesetz muss ange- sichts der Menschenrechtsverletzungen – etwa in Xinjiang – Waren aus Zwangsarbeit den Zugang zum Binnenmarkt ebenso verwehren,

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Wir setzen uns für eine freie und offene indo-pazifische Region auf der Grundlage globaler Normen und des Völkerrechts ein. Wir wollen eine umfassende Kooperation mit der Region, insbesondere in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, Stärkung des Multila- teralismus und bei Digitalisierung und Klimaschutz. Australien, Japan, Neuseeland, Südkorea und auch Taiwan betrachten wir ebenso als wichtige Partnerländer, wie wir die strategischen Partnerschaften mit Indien und mit ASEAN ausbauen wollen. Die Stärkung der Zivilgesell- schaften ist ein integraler Bestandteil unserer Indo-Pazifik-Strategie. Wir entwickeln eine indo-pazifische Handelspolitik, die nachhaltige bilaterale Handelsbeziehungen mit gleichgesinnten Partner*innen in einem multilateralen Rahmen vorsieht, demokratisch und trans- parent zustande kommt und sich für globale Gemeinwohlinteressen wie Klimaschutz, Sozialstandards und Menschenrechte einsetzt. Wir streben an, einen intensivierten Dialog zu Frieden und Sicherheit mit Partner*innen im Indo-Pazifik zu führen. Die vor allem vom steigen- den Meeresspiegel Betroffenen verdienen unsere verstärkte, konkrete Unterstützung. Auch soll sich Deutschland aktiv für eine globale EU- Konnektivitätsstrategie einsetzen, um gemeinsame Infrastrukturent- wicklung nach qualitativ hohen internationalen Standards entspre- chend den Bedürfnissen unserer Partner*innen zu realisieren.

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Demokratiebewegung in Russland. Die mutige Zivilgesellschaft, die der immer härteren Repression durch den Kreml die Stirn bietet und für Menschenrechte, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und sexuelle Selbstbestimmung kämpft, wollen wir unterstützen und den kulturel- len, politischen und wissenschaftlichen Austausch mit ihr intensivie- ren. Für eine Lockerung der Sanktionen, die wegen der völkerrechts- widrigen Annexion der Krim und des militärischen Vorgehens in der Ukraine gegen Russland verhängt wurden, hat die EU klare Bedingun- gen formuliert. An diesen werden wir festhalten und die Sanktionen bei Bedarf verschärfen. Wir verlangen, dass die russische Regierung ihre Zusagen aus dem Minsker Abkommen umsetzt. Das Pipeline- Projekt Nord Stream 2 trägt nicht zum Klimaschutz bei, richtet sich gezielt gegen die energie- und geostrategischen Interessen der Euro- päischen Union, gefährdet die Stabilität der Ukraine und muss daher gestoppt werden. Es braucht außerdem einen konstruktiven Klima- Dialog mit Russland, wobei bei einzelnen Schritten die Menschen- rechte geschützt werden müssen.

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Die Türkei und die EU verbindet sehr viel mehr, als sie trennt: gesell- schaftlich, kulturell, wirtschaftlich. Gerade die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sind, auch durch die gemeinsame Migra- tionsgeschichte, eng und vielfältig. Wir stehen an der Seite all derer, die in der Türkei für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Gleichstel- lung und Menschenrechte kämpfen. Wir verurteilen die Menschen- rechts- und Rechtsstaatsverletzungen, fordern eine sofortige Frei- lassung aller politischen Gefangenen und die Rückkehr zu einem politischen Dialog- und Friedensprozess in der kurdischen Frage. Wir weisen die aggressive Außenpolitik der türkischen Regierung ent- schieden zurück und fordern sie auf, zu einer multilateralen Außen- und Sicherheitspolitik zurückzukehren. Das gilt es auch in der NATO zu thematisieren, nicht zuletzt mit Blick auf die völkerrechtswidrige Militäroffensive der Türkei in Nordsyrien. Wir verurteilen den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention und fordern sie auf, diesen wieder rückgängig zu machen. Die Wiederaufnahme der Gespräche über einen EU-Beitritt ist unser politisches Ziel. Sie kann es aber erst geben, wenn die Türkei eine Kehrtwende zurück zu Demokra-

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Partnerschaften mit den Staaten und Gesellschaften des Nahen Ostens und der südlichen europäischen Nachbarschaft sind ein wich- tiger Bestandteil unserer Außen-, Klima- und Menschenrechtspolitik. Wir setzen auf vielfältige Formen der Zusammenarbeit, etwa durch Stärkung der Zivilgesellschaften im Bemühen um mehr Beteiligung, Kooperation bei der Bewältigung der Herausforderung Klimawandel und Förderung unabhängiger und nachhaltiger Wirtschaftsstruktu- ren, gerade für junge Menschen. Eine Vermittlung zur Verständigung zwischen dem Iran und den arabischen Golfstaaten gehört ebenso zu den Aufgaben europäischer Außenpolitik wie Bemühungen zur Mediation von offenen Konflikten, zum Beispiel in Syrien, Libyen und

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Die afrikanischen Staaten und Europa sind regional wie historisch eng verbunden. Wir blicken differenziert auf den afrikanischen Konti- nent und seine Regionen in all ihrer Vielseitigkeit. Europäische Afri- kapolitik muss sich von patriarchalen Denkmustern frei machen, die europäische Verantwortung annehmen und die jeweiligen Interessen in Einklang bringen. Dafür soll Deutschland im Rahmen der EU eine aktivere Rolle übernehmen. Die Zusammenarbeit zwischen der EU und Afrika soll sich auf Klimaschutz, Digitalisierung, Technologietransfer, zivile Krisenprävention und die sozial-ökologische Transformation

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Wir setzen uns für eine gut abgestimmte Lateinamerika- und Kari- bik-Politik Deutschlands und der EU ein, die die sozial-ökologische Transformation befördert und Menschenrechte schützt. Viele Staa- ten Lateinamerikas haben in der Vergangenheit auf ein auf Rohstoff- ausbeutung basierendes Wirtschaftsmodell gesetzt, was zu Schäden für die Menschen, die Natur und die Volkswirtschaften geführt hat. Zudem sind die meisten lateinamerikanischen Staaten massiv von der Corona-Krise betroffen. Lateinamerika beherbergt vitale Zivilgesell- schaften und starke soziale Bewegungen. Soziale Ungleichheiten, Kor- ruption, verkrustete Machtstrukturen, patriarchale Gesellschaftsbilder und eine Art des Wirtschaftens, die die natürlichen Lebensgrundlagen zerstört, werden zunehmend in Frage gestellt und progressive Alter- nativen entworfen. Gleichzeitig nehmen in vielen Ländern autoritäre Regierungsstile zu und der Raubbau an der Natur weitet sich aus. Indigene, Umwelt-, LSBTIQ*-, Frauen- und Menschenrechtsaktivist*in- nen sind massiv bedroht und bedürfen internationaler Aufmerksam- keit und Unterstützung. Die Ökosysteme Lateinamerikas spielen eine zentrale Rolle beim Schutz globaler Gemeingüter wie des Klimas und der Biodiversität. Handelspolitik, wie das Mercosur-Abkommen, muss verbindlich an Leitlinien zum Schutz der Menschenrechte, des Klimas und der Umwelt ausgerichtet sein. Ökologische Nachhaltig- keit, demokratische Teilhabe, Frieden und Geschlechtergerechtigkeit stehen daher im Zentrum unserer Zusammenarbeit mit den Staaten und Zivilgesellschaften Lateinamerikas. Die Streichung vieler Staaten

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sequent implementiert und Menschenrechtsinstitutionen gestärkt werden. Es gilt insbesondere, die nun angestoßene Umsetzung der ILO-Konvention für die Rechte indigener Völker abzuschließen, das 12.  Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention über Antidiskriminierung, das Fakultativprotokoll zum Sozialpakt und die Wanderarbeiterkonvention der Vereinten Nationen sowie die VN-Erklärung über die Rechte von Kleinbauern und -bäuerinnen zu ratifizieren. Das ist für Deutschland seit vielen Jahren überfällig. Den Prozess für ein VN-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten (sog. Binding Treaty) wollen wir unterstützen und aktiv vorantreiben. Darüber hinaus wollen wir einen eigenen Straftatbestand „erzwunge- nes Verschwindenlassen“ in Deutschland schaffen, um das Defizit in der Umsetzung der Internationalen Konvention gegen das erzwun- gene Verschwindenlassen zu beheben. Auf europäischer Ebene setzen wir uns für die Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein. Das Instrument der gezielten EU-Sanktionen gegen Menschenrechtsverbrecher*innen befürworten wir. Die Beauf- tragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humani- täre Hilfe wollen wir strukturell besser ausstatten und die finanzielle Ausstattung der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter und des Deutschen Instituts für Menschenrechte wollen wir mindestens ver- doppeln, damit sie ihre gesetzlichen Aufgaben angemessen erfüllen können. Auf internationaler Ebene setzen wir uns für die Stärkung der VN-Fachausschüsse und -Sonderberichterstatter*innen ein. Men- schenrechte und Demokratieförderung sind Grundpfeiler unserer ent- wicklungspolitischen Arbeit.

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Im Rahmen des Resettlement-Programms des UNHCR werden durch die Vereinten Nationen anerkannte, besonders schutzbedürftige Geflüchtete solidarisch und geordnet auf die Aufnahmeländer ver- teilt, statt sie ihrem Schicksal auf gefährlichen Fluchtrouten zu über- lassen. Das rettet Leben, nimmt Schleppern die Geschäftsgrundlage und folgt einem bewährten, planbaren Verfahren. Im Globalen Pakt für Flüchtlinge ist die Weltgemeinschaft übereingekommen, das Resettlement zu verstärken. Doch faktisch sinkt die Zahl der Aufnah- meplätze seit Jahren. Wir schlagen vor, zusammen mit der neuen US- Administration und Kanada sowie anderen in einer globalen humani- tären Partnerschaft die Aufnahme aus dem Resettlement-Programm deutlich auszubauen und mittelfristig die Erfüllung von mindestens dem jeweils fairen Anteil am jährlichen, vom UNHCR ermittelten Resettlement-Bedarf entsprechend der Wirtschaftskraft zu errei- chen. So stärken wir die Vereinten Nationen, werden langfristig der globalen Verantwortung Europas gerecht, schaffen Planbarkeit auf allen Seiten, gehen mit gutem Beispiel voran und regen andere Staa- ten an, dem internationalen Bündnis beizutreten. Daneben werden wir sicherstellen, dass sich das geplante EU-Resettlement an den UNHCR-Kriterien orientiert. Das individuelle Asylrecht bleibt durch das Resettlement unangetastet.

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Uns ist bewusst: Nicht alle Ursachen von Vertreibung können wir beeinflussen. Viele Menschen fliehen, weil sie verfolgt oder ihnen grundlegende Rechte vorenthalten werden. Umso entscheidender ist konsequentes Handeln überall dort, wo auch unser Wirtschaften und Konsumieren andernorts zu Ausbeutung oder Perspektivlosigkeit füh- ren. So wollen wir verhindern, dass Menschen überhaupt fliehen und ihre bisherige Heimat unfreiwillig verlassen müssen. Deshalb rücken wir die strukturellen Ursachen von Flucht und Vertreibung und unsere dahin gehende Verantwortung ins Zentrum unserer Politik. Denn viele politische Entscheidungen, die wir in Deutschland und Europa treffen,

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haben direkte Auswirkungen auf die Lebensbedingungen in anderen Weltregionen. Wir machen uns deshalb stark für zivile Krisenpräven- tion und wollen mit einer restriktiven Ausfuhrkontrolle europäische Rüstungsexporte an Diktaturen, menschenrechtsverachtende Regime und in Kriegsgebiete beenden. Wir setzen uns für ein gerechtes Han- delssystem ein, das auch den Interessen der Menschen im globalen Süden dient. Und wir treiben die sozial-ökologische Transformation unserer Wirtschaft voran.

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Wir streiten für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung Globale Krisenprävention

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Europa schaffen. Es bleibt unser Ziel, die östlichen Nachbarstaaten der Europäischen Union auf der Basis gemeinsamer Werte für eine solche Perspektive zu gewinnen und die demokratischen Zivilgesell- schaften vor Ort zu unterstützen, was gerade angesichts der natio- nalistischen und rückwärtsgewandten Politik Russlands, die Europas Sicherheit und die Selbstbestimmung der Nachbarländer Russlands untergräbt, nötig ist. Die OSZE als Forum für Dialog und fairen Inter- essenausgleich braucht mehr finanzielle und personelle Ressourcen sowie ein aktiveres Engagement seitens der Bundesregierung und der teilnehmenden Parlamentarier*innen. Sie soll als Akteurin für Rüs- tungsbegrenzung, Abrüstung und den gemeinsamen Kampf gegen die Klimakrise gestärkt sowie in ihren Aktivitäten zur Umsetzung des Minsker Abkommens unterstützt werden. Den andauernden Versu- chen autoritärer Staaten, die OSZE-Agenda entlang ihrer Interessen zu dominieren, kann nur gemeinsam mit anderen liberalen Demo- kratien der OSZE für eine wertegeleitete und völkerrechtsorientierte Politik begegnet werden.

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heitsaufgabe Klimaschutz, weil weniger den Herausforderungen nicht gerecht würde. Und nein, wir können nicht versprechen, dass jedes einzelne Projekt genau so Wirklichkeit wird. Wir können nicht versprechen, dass niemand durch Klimaschutz belastet wird. Wir kön- nen nicht vorhersagen, welche Spielräume der Staat nach Corona haben wird. Niemand kennt alle Bedingungen der Zukunft. Aber: Sie kennen jetzt unsere Vorschläge und Ziele, unsere Ansichten und unsere Haltung. Was wir Ihnen versprechen: Wir haben uns seit vie- len Jahren vorbereitet, und wir werden alles daransetzen, so viel zu erreichen, wie wir irgend möglich machen können. Denn Regieren ist kein Selbstzweck. Unser Anspruch ist nicht weniger als eine Erneue- rung des Landes.

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K Kapital 84 Karenzzeit 176 Kinderarmut 98 Kindergrundsicherung 92, 98, 102, 111 Kinderrechte 97, 100 Kirchen 175 Kitas 52, 97 f., 142, 185 f. Klima 13, 21, 40, 42, 80, 88, 220, 222 Klimaabkommen von Paris 18 Klimabewegung 20 Klimafinanzierung 221 Klimakrise 9, 12 f., 28, 35, 41, 47, 57, 62, 83, 88, 125, 143 f., 154, 166, 199, 207, 212, 228, 249 Klimaneutralität 10, 12, 14 f., 17, 24 f., 29, 33, 37, 57 f., 61, 156, 221 Klimapolitik 18, 227 f. Klimaschutz 12, 14 f., 19 ff., 29, 33, 35, 40, 43, 52, 57 ff., 64 f., 69, 79, 81, 87, 89, 125 f., 137, 156 f., 166, 222, 229 f., 232, 256 Kolonialismus 209 Kommunen 11, 18, 22, 24, 28, 31 f., 37, 41, 45, 54, 61, 73, 97, 99, 117 f., 126, 129 ff., 133 ff., 149 f., 182, 185, 190, 205, 209 f., 214 ff., 219, 241, 257 Kontrolle 78, 80, 87 f., 90, 107, 109, 117, 176, 196, 242, 251, 254 Kreislaufwirtschaft 15, 17, 45, 58, 63, 65 f. Krisenprävention 219, 223, 232, 244, 246, 253 Krisenzeiten 248 Kryptowährungen 87 Kultur 10, 70, 85, 137, 166, 171, 205 ff., 215 Kulturelle Vielfalt 207 Künste 205, 207

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L Landwirtschaft 22, 40 f., 43, 46, 48 ff., 53 Lebensgrundlagen 12 ff., 16, 35, 222, 233 Lebensmittel 43, 51 ff. Leitwährung 89 Lobbyismus 175 Lobbyregister 175, 214 LSBTIQ* 121, 123, 150, 192, 237,

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O Offene Gesellschaft 197 Ökologie 13, 20, 22 Ökologische Landwirtschaft 48 Ökosysteme 14, 48, 79, 83, 233 ÖPNV 29, 31 f., 36, 64, 140, 174, 182 Ost und West 227 OSZE 248 f.

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P Pariser Klimaziele / Pariser Klimaabkommen 12, 82, 217, 221 Parität 177 Parteispenden 176 Partizipation 148, 247 Patient*innen 118 ff., 120, 124 f., 127 f. Pflege 95 f., 106, 108, 116, 122 ff., 140 Pflegeberufe 119, 128 Pflegekräfte 127 Planetare Grenzen 13, 15, 58 Politische Bildung 97, 179, 253 Polizei 100, 161, 167, 189, 193 ff., 203, 246 Prävention 98, 100, 116 ff., 121, 129, 171, 193, 196, 198, 202, 210, 225, 247, 251, 253

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Rechtsanspruch 107, 139, 146, 152 f., 189 Rechtsextremismus 195 ff., 211 Rechtsstaatlichkeit / Rechtsstaat 167, 182, 197, 200 f., 214, 217 ff., 226, 229 ff., 241, 254 Regionale Daseinsvorsorge 135 Regionale Wirtschaftskreisläufe 38 Regulierung 34, 44, 50, 109, 129, 257 Religion 172 Rente 110, 114 f., 172 Rentenversicherung 114 Repräsentanz / Repräsentation 161, 168 f., 178, 207, 224, 247 Ressourcen 24, 57 f., 65, 86, 142, 201, 203, 217, 245, 249 Ressourcenverbrauch 16, 71, 90 Rüstungsexportkontrolle 250

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W Wachstum 13, 37, 58, 72 Wahlalter 178 Währungsordnung 244 Währungsunion 87 f. Weiterbildung 13, 17, 64, 96, 105, 107, 123, 141 f., 152 f., 156, 164, 191 Weltgesundheitsorganisation / WHO 46, 52, 75, 140, 225 Weltordnung 219 Wettbewerb 10, 15, 57 f., 60 ff., 68 f., 72 f., 76, 81, 96, 201 Whistleblower*innen 199 f. Wirtschaft 9, 15 ff., 27, 39, 57 ff., 66, 69 f., 72 f., 83, 85, 96, 101, 115, 139, 157, 164, 166, 176, 181, 188, 211, 214, 220, 237, 244 Wirtschaftspolitik 89 Wirtschaftssystem 17 Wissenschaft 9 f., 18, 55, 99, 119, 125, 144, 154 ff., 169, 181, 196, 209 f., 223, 247 Wohlstand 9 ff., 29, 57 ff., 62, 70, 72, 75, 91, 95, 97, 217, 219 Wohnen 96, 130 ff., 137, 140, 157, 173 f., 186 Wohnraum 96, 130 ff., 157 Wohnungsmarkt 130, 132 Würde 128, 160, 169, 219









Quellen